Am 20. Juni 2021
EVANGELIUM: Matthäus 19, 04-13
Unser christlicher Glaube ist wie ein Feuer. Dieses Feuer im Herzen der Menschen neu zu entfachen, das ist unsere Aufgabe. Damit das gelingt, muss die Kirche sich erneuern. Wie? Deutsche Bischöfe und Gläubige gehen gemeinsam den Synodalen Weg. Sie fragen: Wie wird die Macht in der Kirche ausgeübt? Wie gestalten zwei Menschen ihre Liebe zueinander? Wie können Frauen gleichberechtigt in der Kirche wirken? Wie leben Priester? Ehelos? Im Zölibat? Muss das sein?
Jesus und der Apostel Paulus waren nicht verheiratet. Sie finden das gut und sie raten, ebenso wie sie zu leben. Falls jemand dazu berufen ist. Sie schreiben es aber niemandem vor. Petrus war verheiratet. In der ersten Zeit der Kirche waren Pfarrer und Bischöfe verheiratet. Pfarrer in der orthodoxen Kirche und evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer sind verheiratet. Seit dem Mittelalter verlangt die Kirche, dass Priester unverheiratet sind. Nur wenige Ausnahmen gibt es. Wenn ein evangelischer Pfarrer katholisch wird, darf er weiterhin Pfarrer und verheiratet sein. Warum sollen Priester unverheiratet sein? Damit der Pfarrer mehr Zeit hat für seine Gemeinde? Nein. Der eigentliche Grund geht tiefer. Jesus sagt: Es gibt Menschen, die auf die Ehe verzichten um des Himmelreiches willen. Wer es fassen kann, der fasse es. Worum geht es da? Im Herzen eines jeden Menschen gibt es einen innersten Raum, zu dem hat nur einer Zutritt: Gott. In diesem innersten Raum ist alles gut, in Ordnung, perfekt. Ganz egal, wie es draußen aussieht. In diesem innersten Raum erfahren Menschen: Gott ist da. Er liebt uns in seinem Sohn, in Jesus Christus. Diese Erfahrung ist überwältigend. Wer sie macht, will sie mit anderen teilen. Diesem Reich Gottes dienen, leben im Reich Gottes, eng verbunden mit Gott und den Menschen. Das Bild von einem Leben in Ehe und Familie tritt zurück. Es ist eine freie Entscheidung ohne Druck. Es ist keine Entscheidung gegen etwas, gegen Ehe und Familie, sondern eine Entscheidung für etwas. Leben im Reich Gottes. Ich selbst habe mich frei für das Priestersein und für den Zölibat entschieden, nach einer existenziellen spirituellen Erfahrung, nach einem Berufungserlebnis. Die Tür zu diesem innersten Raum im Herzen hatte sich geöffnet. Ich war einfach nur glücklich. Flitterwochen mit dem lieben Gott. Mit der Zeit lässt das ein wenig nach, wie in einer langen und trotzdem guten Ehe. Eheleute brauchen Freunde, die ihnen zur Seite stehen. Geistliche, die ehelos leben, brauchen Freunde, die ihnen zur Seite stehen. Die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen. Die Kirche hat die Pflicht, dafür zu sorgen, dass diese Berufung auch in Zukunft wachsen und gedeihen kann. Das tut sie, indem sie am Zölibat als Gesetz festhält. Denkbar ist aber auch, dass verheiratete Männer zu Priestern geweiht werden. Darf man ihnen, wenn sie zum Priester berufen sind, die Weihe verweigern? Muss die Kirche nicht auch Frauen zu Priesterinnen weihen? Die vierte Predigt folgt.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner