Am 04. Juli 2021
LESUNG: RÖMER 16
Unser christlicher Glaube ist wie ein Feuer. Dieses Feuer im Herzen der Menschen neu zu entfachen, das ist unsere Aufgabe. Damit das gelingt, muss die Kirche sich erneuern. Wie? Deutsche Bischöfe und Gläubige gehen gemeinsam den Synodalen Weg. Sie fragen: wie wird die Macht in der Kirche ausgeübt? Wie gestalten zwei Menschen ihre Liebe zueinander? Wie leben Priester? Ehelos? Wie können Frauen gleichberechtigt mit den Männern in der Kirche wirken?
Kann und muss die Kirche Frauen, die das wollen, zu Priesterinnen weihen? Dafür spricht: 1. Frauen haben in unserer modernen Gesellschaft gleiche Rechte wie die Männer. 2. Frauen leisten vermutlich die meiste Arbeit in der Kirche. Deshalb müssen sie an allen Entscheidungen beteiligt sein wie die Männer. 3. Frauen können etwas einbringen, was Männer nicht können, besondere Erfahrungen, Sichtweisen, Fähigkeiten. Ohne sie fehlt uns etwas Wesentliches. 4. Frauen spüren: Ich bin berufen, zur Diakonin, zur Priesterin. 5. Frauen bewähren sich jetzt schon in der Leitung der Kirche. Eine Äbtissin oder eine Generaloberin leitet nicht nur die Gemeinschaft ihrer Schwestern. Sie hat auch die Verantwortung für Krankenhäuser, Altenheime, Schulen und für die Beschäftigten in diesen Einrichtungen. 6. In der Bibel gibt es Diakoninnen. Eine Frau, Junia, wird Apostelin genannt. 7. In der frühen Kirche gab es Diakoninnen. Sie halfen bei der Spendung der Taufe. 8. Katholische Pfarrerinnen wären ein starkes Signal der Ökumene für die evangelischen Christen. Was spricht gegen die Priesterweihe von Frauen? 1. Jesus hatte Frauen in seinem Jüngerkreis. Er diskutierte mit Frauen. Er ließ sich von ihnen berühren. Das war für einen Rabbi zu seiner Zeit revolutionär. Trotzdem hat er keine Frau in den Kreis der zwölf Apostel berufen. Ihre Nachfolger sind die Bischöfe. 2. In der gesamten Geschichte der katholischen und der orthodoxen Kirche gibt es keine Priesterinnen oder Bischöfinnen. 3. Die Kirche lebt aus der Feier der Eucharistie. Jesus hat mit seinen Jüngern das Abendmahl gefeiert. Wir feiern es in seinem Auftrag. In der Eucharistie handelt der Priester in Persona Christi. Im antiken Theater ist die Persona die Maske, die der Schauspieler trägt. Die Persona ist die Rolle, die er spielt. Die Eucharistie ist ein heiliges Spiel. Der Priester übernimmt die Rolle des Jesus Christus. Der Priester ist die Ikone von Jesus Christus. Jesus ist das Urbild im Himmel. Der Priester ist sein Abbild auf Erden. Das Abbild sollte dem Urbild möglichst ähnlich sein. Bei den Passionsspielen in Oberammergau wird die Rolle des Jesus von einem Mann gespielt. Eine Frau in dieser Rolle? Das wäre mutig. 4. Papst Johannes Paul II. erklärte 1994, dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden. Was tun? Unser Bischof setzt sich dafür ein, dass Frauen zu Diakoninnen geweiht werden, und dass Frauen mehr Leitungspositionen in der Kirche bekommen. Unsere Kirchengemeinderäte in Böfingen und Jungingen unterstützen unseren Bischof. Das sind erste Schritte. Ich selbst habe mir in der Frage der Frauenordination noch keine abschließende theologische Meinung gebildet. Ich schließe mit Rosa Luxemburg: Freiheit ist immer Freiheit des anders Denkenden.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner