Am 16. Juni 2022

LESUNG: 1.Korinther 12,27-31

ukraine sw

Wir glauben an Gott. Wir glauben, dass er zu uns spricht, sich uns mitteilt in seinem Sohn Jesus Christus. Verlässlich und endgültig. Wenn wir wissen wollen, wer Gott ist und was er sagt und tut, dann schauen wir auf Jesus Christus. Seine Jünger damals haben ihn erlebt. Sie haben gehört und gesehen, was er gesagt und getan hat. Sie haben seine Botschaft und sein Beispiel in sich aufgenommen.

Die christliche Botschaft ist einer Gemeinschaft von Menschen anvertraut, der Gemeinschaft der Christen, der Kirche. Innerhalb der Kirche kennen wir fünf Orte, an denen wir die Glaubenswahrheit finden. Der erste Fundort ist die Bibel. Der zweite ist die Tradition der Kirche. Der dritte Fundort ist die Theologie. Der vierte Fundort ist der Glaubenssinn der Gläubigen. Der fünfte Fundort ist das kirchliche Lehramt. Es wird ausgeübt von den Bischöfen mit dem Bischof von Rom an ihrer Spitze. Ausführlicher spreche ich heute über den vierten Fundort christlicher Wahrheit: den Glaubenssinn der Gläubigen. Alle Christen haben ein intuitives Gespür dafür, was zum christlichen Glauben gehört und was nicht. Wir alle haben eine innere Gewissheit, wenn es um wesentliche Inhalte unseres Glaubens geht. Ein Beispiel: Jedes Jahr feiern wir Weihnachten. Da spüren wir es und wir sind uns ganz sicher: Dieses kleine Kind in der Krippe ist kein gewöhnliches Kind. Da ist etwas Außergewöhnliches geschehen, etwas Einmaliges. Gott selbst kommt in unsere Welt. Er wird einer von uns in diesem Kind, in Jesus Christus. Heute feiern wir Fronleichnam, das Hochfest des Leibes und Blutes Christi. Wir spüren es und wir sind uns ganz sicher: Dieses kleine Stück Brot auf dem Altar und in der Monstranz ist mehr als nur gewöhnliches Brot. In der Gestalt des Brotes kommt Jesus Christus selbst zu uns. Wirklich. Real präsent. In der Heiligen Messe, im Hochgebet, da verwandelt er das Brot in seinen Leib. Die äußeren Merkmale des Brotes bleiben, das Aussehen, die Farbe, der Geschmack. Doch das innere Wesen, die Substanz, sie wird gewandelt in den Leib Christi. Wandlung. Transsubstantiation. Intuitiv erfassen wir das. Wir sind uns dessen gewiss in unserem inneren Glaubenssinn. Sensus fidei. Sinn für den Glauben und seine Wahrheit. Sensus fidelium. Glaubenssinn der Gläubigen. Dieser Glaubenssinn ist uns geschenkt. Uns allen in unserer Taufe und in unserer Firmung. Consensus fidelium. Wir stimmen überein in den wesentlichen Fragen unseres Glaubens. Da haben wir einen Konsens. Dieser Konsens, diese Gemeinschaft im Glauben verbindet uns miteinander. Diesen Konsens, diese Gemeinschaft feiern wir im Gottesdienst, auch heute an Fronleichnam. Der erste Fundort christlicher Wahrheit ist die Bibel. Der zweite ist die Tradition der Kirche; alles, was die Kirche sagt über die Botschaft der Bibel hinaus. Der dritte Fundort ist die Theologie als Wissenschaft. Der vierte Fundort ist der Glaubenssinn der Gläubigen. Sensus fidei. Sensus fidelium. Consensus fidelium. Was aber tun wir, wenn die Aussagen dieser vier Fundorte nicht eindeutig sind, gar einander widersprechen? Was tun wir, wenn neue Fragen auftauchen, die in den Fundorten eins bis vier nicht beantwortet sind? Dann kommt der fünfte Fundort ins Spiel, das Lehramt der Kirche. Ausgeübt wird es von den Bischöfen und dem Papst an ihrer Spitze. Sie sind die Nachfolger der Apostel. Davon ihr wird die Rede sein. Demnächst.

Pfarrer Dr. Bernhard Lackner