am 04. Februar 2018

Predigt am 5. Sonntag im Lesejahr B

Evangelium: Ijob 7

 

Wer Anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Hochmut kommt vor dem Fall. Der Mensch denkt, Gott lenkt (Spr 26, 27; 16, 18; 16, 9). Sprichwörter. Wir kennen sie. Sie stehen in der Bibel im Alten Testament in den Büchern der Weisheit. In jedem Gottesdienst hören wir Texte aus der Heiligen Schrift. Wenn wir die Bibel verstehen wollen, können wir fragen: In welcher Form ist der Text geschrieben? Was ist seine literarische Gattung? 

Heute geht es um die Bücher der Weisheit. Weisheit, Sprichwörter, Kohelet, Jesus Sirach, Ijob, diese Bücher sind entstanden in der Zeit zwischen dem fünften und dem ersten Jahrhundert v. Chr. Sie enthalten Lebensregeln und Sprichwörter. Das war damals im Orient sehr beliebt und ist es bis heute: Lebenserfahrungen kurz und prägnant zusammenfassen, sammeln, ordnen und dann veröffentlichen als Ratgeberbuch für alle Lebenslagen. Auch das Buch Ijob gehört zur literarischen Gattung der Weisheit. In der Lesung haben wir eine Stelle aus diesem Buch gehört. Worum geht es? Ijob ist wohlhabend und fromm. Ihm geht es gut, sehr gut. Doch dann nimmt das Verhängnis seinen Lauf. Ijob erhält Hiobsbotschaften. Eine nach der anderen. Eine schlimmer als die andere. Sein Vermögen wird ihm geraubt. Seine Kinder, Söhne und Töchter, sie sterben. Er selbst wird schwer krank. Ijob versteht die Welt nicht mehr. Er hat nichts Böses getan. Trotzdem geht es ihm so schlecht. Er klagt: „Schneller als das Weberschiffchen eilen meine Tage. Der Faden geht aus, sie schwinden dahin. Denk daran, dass mein Leben nur ein Hauch ist. Nie mehr schaut mein Leben Glück.“ Seine Freunde besuchen ihn. Sie trauern mit ihm, schweigend. Sie reden mit ihm. Warum muss Ijob leiden? Wird er von Gott gestraft? Hat er doch Böses getan? Wer Anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Hat Ijob anderen eine Grube gegraben? Hat er ihnen eine Falle gestellt? Hat er Böses getan, und ist nun selbst hineingefallen in die Grube? Nein, sagt Ijob. Ich habe nichts Schlechtes getan. Trotzdem hat er alles verloren: sein Vermögen, seine Familie, seine Gesundheit. Doch eines hat er nicht verloren: seinen Glauben an Gott. Trotz allem hält er an Gott fest. Auch wenn er gar nichts mehr versteht. Am Ende geht die Geschichte gut aus. Ijob erhält sein Vermögen zurück, sogar mehr als er früher besaß. Ihm werden noch einmal Kinder geschenkt, Söhne und Töchter. Er wird wieder gesund. Alles wird gut. Soweit die Geschichte im Buch Ijob. Es bleiben Fragen: Wie kann Gott zulassen, dass unschuldige Menschen leiden? Gott ist doch allmächtig und gut. Trotzdem lässt er zu, dass Unschuldige leiden. Kann er es nicht verhindern? Dann ist er zwar gut, aber nicht allmächtig. Oder will er es nicht verhindern? Dann ist er allmächtig, aber nicht gut. Was soll man dazu sagen? Gott ist es nicht egal, wenn Unschuldige leiden. Er teilt ihr Schicksal in Jesus. Er leidet. Er stirbt am Kreuz. Doch damit ist die Geschichte nicht zu Ende. Am Ende steht nicht der Tod, sondern das Leben. Alles wird gut. Wir wollen die Bibel verstehen. Wir fragen: In welcher Form ist unser Text geschrieben? Das Buch Jiob gehört zur Weisheitsliteratur. Ratgeberliteratur. Lebensweisheit. Der Mensch denkt, Gott lenkt.

Pfarrer Dr. Bernhard Lackner