am 1. April 2018
Predigt am Ostersonntag
Evangelium: Joh 20, 1-18
Wandlung der Gesellschaft – Wandlung der Kirche. Das ist unser Jahresthema für dieses Jahr 2018, auch heute, am Ostersonntag. Unsere Gesellschaft, sie wandelt sich. Ein Beispiel dafür ist der Sonntag. Der Sonntag war einmal ein Ruhetag für alle. Es wurde nicht gearbeitet. Nur wenige mussten Dienst tun: Polizei, Rettungsdienste, Krankenhäuser, Versorger für Strom und Wasser, Tankstellen, der Kiosk am Bahnhof. Dazu kamen wenige Betriebe, wo es nicht anders geht. Kühe müssen auch am Sonntag gefüttert und gemolken werden.
Im Stahlwerk kann man den Hochofen nicht am Freitagabend abschalten und am Montag wieder einschalten. Der Sonntag war einmal ein Ruhetag für beinahe alle. Heute ist das anders. Man kann frisches Brot kaufen und vieles andere mehr. Die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage nimmt zu. Industriebetriebe möchten am Sonntag produzieren, weil die Konkurrenz im Ausland es auch tut. Sie sagen: Wer am Sonntag arbeitet, bekommt dafür unter der Woche einen Tag frei. Doch was nützt es der Verkäuferin, die am Sonntag arbeiten muss, wenn sie am Mittwoch frei hat. Da ist ihr Mann bei der Arbeit und die Kinder sind in der Schule. Freie Zeit für die ganze Familie? Fehlanzeige. Wir brauchen einen Tag in der Woche, an dem alle frei haben, oder fast alle - den Sonntag. Wir schlagen die Bibel auf, erste Seite. Da lesen wir: Gott erschafft die Welt in sechs Tagen. Am siebten Tag tut er nichts. Da ruht er aus. Erstaunlich! Sogar Gott braucht einen freien Tag in der Woche. Das ist ein Geschenk aus der Bibel für unsere Welt – ein freier Tag in der Woche für alle gemeinsam. Für die Juden ist dieser freie Tag der Sabbat, der Samstag. Wir Christen haben diesen freien Tag auf den Sonntag gelegt, auf den ersten Tag der Woche, weil Jesus am ersten Tag der Woche vom Tod auferweckt wurde, am Tag des Herrn, am Sonntag. An ihm leuchtet uns Christus, die Sonne der Gerechtigkeit. Ich wünsche uns allen, dass unsere Gesellschaft dieses Licht, diese Sonne, wieder stärker wahrnimmt. Ich wünsche uns allen, dass sich unsere Gesellschaft wandelt hin zu einer neuen Kultur des Sonntag. Alle haben frei, miteinander. Das tut uns gut. Das tut letztendlich auch unserer Wirtschaft gut, weil erholte und gut gelaunte Menschen besser arbeiten, mit mehr Qualität. Und wie ist es bei uns in der Kirche mit dem Sonntag? Der Pfarrer hält Gottesdienste, einen am Samstagabend, zwei am Sonntagmorgen. Ansonsten versucht er, den Sonntag von jeder Arbeit freizuhalten. Notfälle sind ausgenommen. Wir halten am Sonntag keine Sitzungen ab. Wir machen keine Verwaltung. Wenn wir mit dem Kirchengemeinderat eine Klausurtagung abhalten, am Wochenende, dann nur am Freitagabend und am Samstag. Der Sonntag gehört der Familie. Unsere Gesellschaft, sie wandelt sich, leider nicht immer zum Guten. Sonntagsarbeit nimmt zu. Wir Christen machen da nicht mit. Wir brauchen den Sonntag, einen Tag, an dem alle frei haben. Wir brauchen den Sonntag. An ihm gehen wir in die Kirche. Wir feiern, dass wir freie Menschen sind, keine Arbeitssklaven. Wir feiern Jesus Christus, auferstanden von den Toten, am ersten Tag der Woche, am Sonntag.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner