am 24. Dezember 2019
Predigt zu Hl. Abend
Evangelium: Lukas 2, 1-14
Stille Nacht, heilige Nacht, so singen wir an Weihnachten, am Heiligen Abend, in der Heiligen Nacht, heute. Stille Nacht, heilige Nacht. Die Nacht. Vor zwei Tagen, am 22. Dezember, da war die längste Nacht des Jahres. 16 Stunden Nacht, nur 8 Stunden Tag. Die Nacht, sie ist die Zeit der Ruhe, der Stille. Der Lärm des Tages, der Stress, sie verschwinden. Ruhe kehrt ein. Es ist Zeit zum Atem holen, zum Ausruhen, zum Schlafen.
Schlaf in himmlischer Ruh. Die Nacht, sie macht auch Angst, nicht nur den Kindern. Sie und nicht nur sie fürchten sich im Dunkeln. Im Dunkeln, da verlieren wir die Kontrolle. Wir sehen nicht, was geschieht. Das macht unsicher. Das macht Angst. Zwielichtige Gestalten könnten unterwegs sein, Einbrecher. Sie könnten im Schutz der Dunkelheit ihr Unwesen treiben. Die Nacht, sie ist das Symbol für alles, was uns Angst macht. Die Nacht, sie steht auch für den Tod. Ein lieber Mensch ist verstorben. Wir spüren, wie er fehlt, besonders in dieser Heiligen Nacht. In der Nacht, da gehen viele nicht gerne aus dem Haus. Außer die jungen Leute. Wenn sie ausgehen, am späten Abend, in die Disco. Sie machen die Nacht zum Tag. Die Nacht zum Tag machen. In der Nacht wird ein Kind geboren, Jesus, mitten in der Nacht, wenn es am Dunkelsten ist. Wir Christen glauben: In diesem Kind kommt Gott selbst in unsere Welt. Er macht unsere dunkle Welt hell. Das ist so, wie wenn man in der Dunkelheit eine Kerze entzündet. Ihr warmes Licht tut uns gut. Das spüren wir, aber nur in der Nacht. Wenn wir die gleiche Kerze bei Tageslicht anzünden, dann bleibt diese Wirkung aus. Ein Licht beginnt zu leuchten, mitten in der Nacht, für uns. Dieses Licht kommt von Gott. Dieses Licht ist Gott selbst. So glauben wir. Davon reden wir. Das feiern wir heute an Weihnachten. Zeichen helfen uns dabei. In der Adventszeit hat es begonnen. Am Adventskranz haben wir Lichter entzündet, von Sonntag zu Sonntag mehr, eines, zwei, drei, vier. Im Advent haben wir uns früh morgens in der Kirche versammelt, wenn es draußen noch dunkel ist. Wir haben Gottesdienst gefeiert, Rorate. Kerzen haben die Kirche erleuchtet, kein elektrisches Licht. Die Rorategottesdienste im Advent, sie sind etwas Besonderes. Sie sind uns kostbar. Das erfahren alle, die dabei sind. Gott schenkt uns sein Licht mitten in der Nacht. Das sagen uns heute an Weihnachten die Lichter am Christbaum. Die Nacht, sie ist kostbar, weil wir das Licht, das von Gott kommt, in der Nacht besser sehen können als am Tag. Das wissen Menschen, denen die geistliche Erfahrung wichtig ist, diese Erfahrung, diese Ahnung: Gott ist da. Sie leben in Klöstern. Sie leben in kleinen Gemeinschaften oder ganz für sich allein. Gebet und Meditation stehen im Mittelpunkt ihres Lebens. Gebet und Meditation praktizieren sie am Tag und auch in der Nacht. Am späten Abend, nach Sonnenuntergang, beten sie das Nachtgebet, die Komplet. Am frühen Morgen, vor Sonnenaufgang, noch in der Dunkelheit das Morgenlob. Sie feiern gleichsam das ganze Jahr über Rorate. Sie sehen Gottes Licht. Es leuchtet in der Nacht. Einzigartig. Kostbar. Die Nacht, sie macht uns keine Angst, denn Gott lässt sein Licht leuchten für uns mitten in der Nacht. Stille Nacht, Heilige Nacht.
Pfr. Dr. Bernhard Lackner