Am 18. April 2021
LESUNG: 1 Joh 2,1-5
Ältere Menschen begleiten jüngere Menschen auf ihrem Lebensweg. Eltern begleiten ihre Kinder. Lehrerinnen begleiten ihre Schülerinnen. Gruppenleiter begleiten ihre Gruppenkinder in der katholischen jungen Gemeinde KjG. Die Jüngeren lernen von den Älteren ganz praktische Sachen. Kinder lernen von den Eltern, wie man sich die Schuhe bindet. Schülerinnen lernen von ihrer Lehrerin, wie man das Wort „Spagetti“ richtig schreibt.
Gruppenkinder lernen von ihrem Gruppenleiter, wie man ein Zelt aufbaut. Ganz praktische Dinge. Doch das ist nicht alles. Sie lernen mehr: Wie Menschen miteinander umgehen. Was richtig ist und was falsch ist, gut oder böse. Was unsere Welt zusammenhält. Es geht um die Bildung der Persönlichkeit. Herzensbildung. Stark sein und selbstbewusst. Hilfsbereit und rücksichtvoll. Aufmerksam und achtsam. Es geht auch um die Frage: Ist alles, was wir erleben Zufall? Ohne Sinn? Oder gibt es da einen, der sich das ausgedacht hat für uns? Gibt es da einen, der es gut mit uns meint? Gott? Ältere begleiten Jüngere auf ihrem Weg. Welche Voraussetzungen müssen die Älteren dafür mitbringen? Welche Fähigkeiten müssen sie haben? Eine Antwort geben die alten Mönche in der Wüste in Ägypten in den ersten Jahrhunderten. Die Wüstenväter und -mütter sagen: Der Ältere, der einen Jüngeren begleitet und leitet, braucht drei Eigenschaften. Als erstes muss er vom Heiligen Geist erfüllt sein, griechisch pneumatikos. Der Ältere ist im Glauben an Gott tief verwurzelt. Sein Denken, sein Fühlen, sein Handeln, alles ist getragen vom Vertrauen auf Gott. Gott ist da. Er meint es gut mit uns immer und überall. Sein Geist begleitet und leitet uns. Der Ältere, dem sich der Jüngere anvertraut, ist imprägniert vom Heiligen Geist. Lasst frischen Wind rein. Pneumatikos. Die zweite Eigenschaft ist die Fähigkeit, dem anderen ins Herz zu schauen, griechisch Kardiognosia. Der Ältere sieht den Jüngeren. Wie er dasteht. Wie er geht. Sein Gesicht. Er hört seine Stimme. Wie er redet. Wie er klingt. Sofort erkennt er, wie es ihm geht. Wie es in seinem Herzen aussieht. Ist er traurig oder froh? Hat er Angst? Ist er zornig? Macht er sich Sorgen? Ist er enttäuscht und mutlos? Oder selbstbewusst und voller Tatendrang? Was ist sein Herzenswunsch? Der Ältere sieht dem Jüngeren ins Herz. Aufmerksam. Achtsam. Kardiognosia. Schließlich die dritte Eigenschaft. Es ist die Fähigkeit der Unterscheidung, griechisch Diakrisis. Ist es richtig und gut, dass mein Kind jetzt schon ein Handy bekommt und einen eigenen PC? Und wenn ja, wie müssen diese Geräte eingestellt sein? Was muss mein Kind vorher lernen? Kann ich meinen Schülerinnen zutrauen, dass sie bei der Klassenfahrt in kleinen Gruppen losziehen ohne Aufsicht? Machen wir mit bei der Demonstration gegen den Klimawandel? Fridays for Future? Oder gegen die Corona-Einschränkungen? Querdenken? Kommt diese Idee von Gott, der es gut mit uns meint, oder von anderen Mächten? Die Unterscheidung der Geister. Diakrisis. Ältere begleiten und leiten Jüngere auf ihrem Weg, die Geister unterscheidend, mit dem Blick ins Herz, erfüllt vom Heiligen Geist.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner