Am 06. Februar 2022

TEXT: HOCHGEBET

predigt 3advent sw 

Wir kennen viele Formen von Meditation und meditativem Gebet. Davon habe ich gelegentlich gesprochen. Wir erinnern uns. Wenn wir Stress haben, die ALI-Methode. Atmen. Lächeln. Innehalten. Oder das Jesusgebet. Das Herzensgebet der Ostkirche. Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner. Immer wieder gesprochen. Im Rhythmus des Atems. Im Rhythmus des Herzschlags.

Oder der Rosenkranz. Er ist das meditative Gebet unserer katholischen Kirche. Zusammen mit Maria, der Mutter von Jesus, schauen wir uns Bilder an aus dem Leben ihres Sohnes. Kostbare Bilder. Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel wiedergefunden hast. Genau darum geht es heute: Jesus im Tempel wiederfinden. Wie geht das? Unsere katholische Kirche kennt eine besondere Form des meditativen Betens. Die eucharistische Anbetung. Klingt kompliziert. Ist aber ganz einfach. Wir glauben: Jesus Christus ist bei uns in der Gestalt des Brotes nach der Wandlung in der Heiligen Messe. Nach der Feier werden die geweihten Hostien, die übrig bleiben, im Tabernakel aufbewahrt, damit die Eucharistie jederzeit zu den Kranken und zu den Sterbenden gebracht werden kann, damit wir hier in der Kirche jederzeit Jesus begegnen können. Jesus Christus ist wirklich gegenwärtig, real präsent, im eucharistischen Brot, aufbewahrt hier im Tabernakel. Wenn wir ihm begegnen wollen, müssen wir nicht ins Heilige Land fahren, nach Jerusalem, an den See Genesareth, an die Orte, wo Jesus vor 2000 Jahren gelebt hat. Nein. Er ist mitten unter uns, hier in der Kirche. Das sagt der selige Carlo Acutis. Er ist 2006 gestorben mit 15 Jahren. Seine Erstkommunion empfing er schon im Alter von sieben Jahren. Von da an ging er jeden Tag zur Messe. Jeden Tag empfing er die Kommunion. Die Eucharistie ist meine Autobahn zum Himmel. So sagte er. Jeden Tag kam er zur Kirche, um vor dem Tabernakel zu beten. Er wollte einfach bei Jesus sein, seinem besten Freund. Immer mit Jesus vereint sein, das ist mein Lebensprogramm. Nicht ich, sondern Gott. Non io ma Dio. Wir könnten das auch einmal ausprobieren. Eucharistische Anbetung vor dem Tabernakel. Was tun wir? Wir sprechen mit einem guten Freund. Freunde tun das. Vielleicht gibt es ja etwas, was Sie ihm in der Stille sagen wollen, etwas, was Sie gerade beschäftigt. Freunde verbringen einfach viel Zeit miteinander. Auch ohne Worte. Das tut der Seele gut. Wir sitzen oder wir knien. Romano Guardini, ein großer Theologe im 20. Jahrhundert, sagt: Unsere äußere Haltung beeinflusst auch unsere innere Einstellung. Was wir äußerlich tun, prägt uns in unserem Inneren. Leib und Seele gehören zusammen. Knien ist die Haltung der Anbetung. Nicht ich, sondern Gott. Non io ma Dio.

Pfarrer Dr. Bernhard Lackner