Am 21. Januar 2024
EVANGELIUM: Mk 1, 14–20
Wie letzten Sonntag, so geht es auch heute um ein Thema: Berufung. Wir wollen das Evangelium verstehen. Die Kirchenväter, Theologen in den ersten Jahrhunderten, sie stellen vier Fragen und wir mit ihnen. Die erste Frage lautet: Was ist tatsächlich geschehen, damals vor 2000 Jahren? Jesus tritt öffentlich auf. Er verkündet und er lebt das Evangelium vom Reich Gottes.
Es lautet: Gott will, dass alle gut leben können, in Gerechtigkeit und Frieden. Reich Gottes. Diese neue Welt, sie beginnt schon jetzt. Jesus verkündet und lebt dieses Reich Gottes aber nicht allein. Er beruft Mitarbeitende, Jünger. Warum? Weil die Ernte groß ist, zu groß für einen allein. Noch ein weiterer Grund: Jesus beruft zwölf Männer. Später werden sie Apostel genannt. Zwölf, das ist ein Zeichen, ein prophetisches Zeichen. Jesus und die Zwölf. Jeder Israelit erkennt es sofort: Jesus ist gesandt zum Volk der zwölf Stämme. Israel. Gottes Volk. Dieses Volk soll er sammeln, zu Gott führen. Wir kommen zur zweiten Frage: Was sagt uns das Evangelium über unseren Glauben an Gott, an Jesus? Wir schließen die dritte Frage an: Was sollen wir tun? Gott beruft Menschen. Wozu? Viele sind berufen zu heiraten, eine Familie zu gründen, in einem Beruf zu arbeiten, als Busfahrer oder als Lehrerin, als Ärztin oder als Fischer. Viele engagieren sich in ihrer Freizeit im Sportverein oder in der Kirche. Es gibt aber auch das ganz andere. Maria Anna Leenen. Sie ist evangelisch getauft. Sie geht nur an Weihnachten in die Kirche. Der Glaube ist ihr nicht wichtig. Als junge Frau wandert sie nach Südamerika aus. Zusammen mit Freunden baut sie eine Büffelfarm auf. Das Projekt scheitert. Sie liest ein Buch über Marienerscheinungen. Sie ist fasziniert. Besonders fasziniert sie ein Satz; der lautet: Jesus Christus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Sie sagt sich: Jesus, den muss ich haben. Sie kehrt nach Deutschland zurück. Sie wird katholisch. Sie tritt in ein Kloster der Franziskanerinnen ein. Sie merkt: Das ist nicht mein Weg. Sie verlässt das Kloster. Sie lebt als Einsiedlerin, als Eremitin, zuerst in einer Baracke, dann in einem kleinen alten Bauernhaus irgendwo auf dem flachen Land im Bistum Osnabrück. Was tut sie? Sie betet mehrmals am Tag. Sie besucht die Heilige Messe. Sie versorgt ihre Ziegen, ihren Hund, ihre Katzen. Sie schreibt Bücher und andere geistliche Texte. Sie pflegt eine Website. Sie empfängt Besucher. Die suchen bei ihr Rat. Die suchen bei ihr ein geistliches Gespräch. Viele verstehen das nicht, wie sie lebt. Ist das nicht furchtbar, so ganz allein? Vor allem an Weihnachten. Sie wird eingeladen: Komm doch zu uns am Heiligen Abend, dann bist du nicht allein. Sie antwortet: Ich bin nicht allein. „Die Bude ist voll. Maria und Josef haben sich angemeldet, die bringen ihren Jüngsten mit, dann kommen noch irgendwie so ein paar Hirten und dann haben sich aus dem Ausland auch noch welche angemeldet.“ Wir sehen: Die Eremitage ist keine todernste Angelegenheit. Es folgt die vierte und letzte Frage. Was dürfen wir hoffen? Was wird sein ganz am Ende? Gott beruft Menschen. Gott erwählt Menschen. Diese Berufung, diese Erwählung nimmt er nie mehr zurück. Sie bleibt für immer. Wir kommen nicht aus dem Nichts. Wir kommen von Gott, der uns liebt. Wir leben in dieser Welt für eine gewisse Zeit. Dann kehren wir heim zu Gott ins ewige Leben. Dort sind wir nicht allein. Dort sind Maria und Josef und ihr Jüngster, die Hirten und welche aus dem Ausland. Dort dürfen wir bleiben. Für immer.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner