Am 17. April 2025
„The Old Oak“, „Die alte Eiche“, das ist der Titel eines Films. Bei meinen Exerzitien, das sind geistliche Tage, im Februar habe ich den Film gesehen. Er hat mich beeindruckt. „The Old Oak“, so heißt eine Kneipe, ein Pub, in einem Dorf in England. Die Menschen dort leiden Not. Viele sind arbeitslos, arm. Das Dorf ist völlig heruntergekommen. Es gibt nur noch den Pub. Dort trifft man sich, trinkt ein Bier, redet miteinander, schlechte Zeiten.
Das war nicht immer so. Früher gab es bei dem Dorf Kohlebergwerke. Die Bergleute verdienten gutes Geld. Viele lebten im eigenen Haus, im Wohlstand. Dann, in den 1980er Jahren, werden die Kohleminen geschlossen. Fast alle verlieren ihre Existenz. Not und Armut ziehen ein. Häuser stehen leer, verfallen. Jetzt kommen syrische Flüchtlinge in das Dorf. Sie werden in den leerstehenden, heruntergekommenen Häusern untergebracht. Auch das noch, sagen die Dorfbewohner. Flüchtlinge, Fremde, sie sprechen unsere Sprache nicht, sie werden vom Staat unterstützt, wir nicht. Sie sind Muslime. Sind sie möglicherweise gefährlich? Terroristen? Die Geflüchteten werden angepöbelt, angegriffen. Die Stimmung ist aufgeheizt, aggressiv. Was kann man da tun? Eine junge syrische Frau entdeckt auf einem Sportplatz ein englisches Mädchen. Das Mädchen fühlt sich nicht wohl, hat gesundheitliche Probleme. Die junge Syrerin spricht sie an, hilft ihr auf, bringt sie nach Hause, legt sie aufs Sofa, geht in die Küche, um für die Kranke einen Tee zu kochen. Sie sieht: Kühlschrank und Schränke sind nahezu leer. Sie sieht Not und Armut. Im Pub „The Old Oak“ sieht sie alte Fotos aus den 1980er Jahren. Die Bergarbeiter haben gestreikt, wochenlang, für den Erhalt ihrer Minen. Im Pub wurde für alle gekocht. Im Festsaal des Pubs haben alle miteinander gegessen, wochenlang. Auf einem Foto steht geschrieben: „When you eat together, you stick together“. „Wenn ihr zusammen esst, dann haltet ihr zusammen.“ Das ist es! Das tun wir jetzt. Wir essen zusammen und wir halten zusammen. Die junge syrische Frau und der Wirt des Pubs ergreifen die Initiative. Geflüchtete und Alteingesessene entrümpeln gemeinsam die Küche und den Saal des Pubs. Sie kochen zusammen. Im Saal sind alle zum Essen eingeladen. Die Menschen finden zueinander. Die Not aller wird gelindert. Alle werden satt, auch viele Kinder und Jugendliche aus dem Dorf, die zuhause kein warmes Essen bekommen. Eine neue Gemeinschaft entsteht. Aus Fremden werde Freunde. Wir essen zusammen und wir halten zusammen. Das feiern wir heute am Gründonnerstag. Jesus lädt seine Freunde ein zum Abendmahl. Brot und Wein, in diesen Gaben ist er bei uns, präsent, real präsent. Gemeinschaft entsteht. Wir sind nicht Fremde, sondern Freunde. Wir teilen miteinander, was wir haben, nicht nur Brot und Wein, sondern auch Zeit, Aufmerksamkeit, Wissen, Erfahrung, Arbeitskraft. Gelegentlich entrümpeln wir auch unsere Räume, im wörtlichen und im übertragenen Sinne. Die Schränke im Pfarrbüro, die Gemeindegaragen, den Keller unter der Sakristei, damit mehr Platz ist für Neues, Räume für eine Kirche mit Zukunft. So finden wir zueinander. Neue Gemeinschaft entsteht. Wir sind nicht mehr Fremde, sondern Freunde. Wir essen zusammen und wir halten zusammen. Das rät uns Jesus heute am Gründonnerstag: Tut dies zu meinem Gedächtnis. Wir tun es zu seinem Gedächtnis. „When you eat together, you stick together“.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner
Vers zum Gründonnerstag
Mit seinen Freunden teilt er den Kelch und auch das Brot.
Er ist schenkt uns seine Nähe in Nacht und Todesnot.
Text des Kehrverses: Markus 1, 15
Musik: Jacques Berthier GL Nr. 386
Bildnachweis:
- Nach dem original Filmplakat "THE OLD OAK" - KI-generiert