15. August - Fest Mariä Himmelfahrt

Evangelium: Luk 1, 39-56

„Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott meinen Retter.“ Sagt Maria im Evangelium. Mit diesem Vers beginnt eines der schönsten Lieder, das uns in der Bibel überliefert ist, das Magnifikat. Es steht ganz in der Tradition der alttestamentlichen Psalmen und es ist ihnen ebenbürtig in Form und Inhalt.

„Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott meinen Retter.“ Das Magnifikat finden wir im Neuen Testament, im dritten Evangelium, bei Lukas. Das ist kein Zufall. In den wenigen Versen des Liedes komprimiert der Evangelist, was er nachher in seinem Buch ausführlich entfaltet.

„Auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut.“ Gott schaut besonders auf die Kleinen, auf die Niedrigen, auf Menschen, die aus eigener Kraft nur wenig vermögen. Doch wenn sie auf ihn vertrauen, dann ist alles möglich. In der Schwachheit erweist er seine Kraft.

„Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht, über alle die ihn fürchten.“ Gott kümmert sich um die Menschen, die Schuld auf sich geladen haben. Wer Fehler gemacht hat, der ist nicht verloren. Wer bei Gott Vergebung sucht, wird nicht enttäuscht. Das erfahren die Zöllner und die Sünder, wenn sie Jesus begegnen, wenn er sich von ihnen einladen lässt, wenn er mit ihnen Mahl hält.

„Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind; er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.“ Gott schaut auf die Armen; ihnen gilt seine Sorge. 5000 Menschen folgen Jesus in eine abgelegene Gegend. Sie haben Hunger. Jesus und seine Jünger geben ihnen zu essen und alle werden satt.

„Er denkt an sein Erbarmen, das er unseren Vätern verheißen hat.“ Gott ist treu. Auf seine Zusagen ist Verlass. Er hält, was er verspricht. Er sendet seinen Sohn, Jesus, den Retter. Er ist der Heiland der Kranken, der Freund der Zöllner und Sünder.

In wenigen Versen ist das ganze Evangelium zusammengefasst.

Zu allen Zeiten hat die Kirche das Magnifikat geschätzt. Im Abendgebet der Kirche, in der Vesper, wird das Magnifikat gesungen. Weil es Evangelium ist, wird es feierlich gestaltet wie das Evangelium in der heiligen Messe. Die Gottesdienstgemeinde steht auf. Man bekreuzigt sich zu Beginn. Weihrauch kann verwendet werden. In Zeiten der Not entdecken Christen das Magnifikat. Denken wir an das, was vor über vierzig Jahren in Lateinamerika begonnen hat: Kirche der Armen, Theologie der Befreiung. Gott schaut auf die Armen. „Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Er beschenkt die Hungernden mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.“ Die Armen in den Favelas der Großstädte, die Campesinos in den Bergen, sie verstehen diese Worte. Sie merken: Da sind wir gemeint. Das ist unsere Geschichte, unser Evangelium. Es macht uns Hoffnung. Es gibt uns Kraft. Es hilft uns, dass wir uns zusammenschließen, dass wir einander helfen, dass wir gemeinsam für eine bessere Welt arbeiten.

„Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.“