Ein hoher Staatsgast besucht einen anderen Staat. Der amerikanische Präsident. Die Königin von England. Da wird er ausgerollt zur Begrüßung. Der rote Teppich. Auch wir rollen heute den roten Teppich aus. Heute am ersten Adventssonntag. Auch wir erwarten ja einen hohen Besuch. Der steht noch höher als Königin Elisabeth oder Präsident Obama. „Machet dem Herrn den Weg bereit.“ So singen wir in einem beliebten Adventslied. Dem Herrn den Weg bereiten. Wie geht das?

Dem Herrn den Weg bereiten. Das versuchen Christen zu allen Zeiten. Auch am Anfang der Kirche vor fast 2000 Jahren. Da haben Christen beschlossen: Wir schreiben die Geschichte von Jesus auf. So sorgen wir dafür, dass er auch bei denen ankommt, die nach uns leben werden, wenn sie seine Geschichte lesen oder hören im Gottesdienst. So sind die Evangelien entstanden. Viermal die Jesusgeschichte in der Bibel.

Heute am ersten Advent beginnt das neue Kirchenjahr. Hier im Gottesdienst ist es das Lesejahr C. Ein Jahr lang hören wir in der Sonntagsmesse Texte vor allem aus dem Lukasevangelium. Es steht im Neuen Testament an dritter Stelle, nach Matthäus und Markus, vor Johannes. Jeder der vier Evangelisten erzählt die Geschichte von Jesus. Jeder der Evangelisten rollt den roten Teppich aus für Jesus, damit der zu uns kommen kann. Jeder Evangelist macht das auf seine eigene Weise. Jesus ist der Messias des Volkes Israel, vorhergesagt von den Propheten im Alten Testament. Sagt Matthäus. Jesus ist der Sohn Gottes, der die Mächte des Bösen besiegt. Schreibt Markus. Jesus ist der Weg und die Wahrheit und das Leben. Bei Johannes.

Und Lukas? Wie sieht der rote Teppich aus, den er ausrollt? Welches Bild zeichnet er? Im dritten Evangelium ist Jesus der Heiland der Kranken, der Freund der Zöllner und der Sünder. Er sieht den einzelnen Menschen, seine Not, seine Krankheit, sein Leiden. Er kümmert sich um alle, die am Rande stehen. Ihnen sagt er: Gott hat euch nicht vergessen. Er ist bei euch. Das gilt schon am Anfang des Lukas-Evangeliums. Jesus wird geboren. Nicht in einem Palast. Er wird in eine Futterkrippe gelegt, weil in der Herberge kein Platz für ihn ist. Engel verkünden die frohe Botschaft. Wem? Nicht dem Kaiser Augustus in Rom, nicht dem König Herodes, nicht den Priestern in Jerusalem. Die Weihnachtsbotschaft erfahren als erste die Hirten auf dem Feld. Hirten sind einfache Leute, wilde Gesellen, draußen vor der Stadt.

Zwei kostbare Geschichten der Bibel stehen nur bei Lukas. Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter: Ein Schwerverletzter liegt am Straßenrand. Die eigenen Leute gehen vorbei, lassen ihn liegen. Dann kommt der Samariter, der Ausländer, der Andersgläubige, der hilft: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." Das Gleichnis vom verlorenen Sohn: Ein junger Mann zieht von Zuhause aus. Er nimmt sein Erbe mit. Er feiert rauschende Feste. Bis das Geld weg ist. Es geht ihm schlecht. Er kehrt nach Hause zurück, reumütig. Und sein Vater? Der macht ihm keine Vorwürfe. Der nimmt ihn wieder auf, voller Freude. „Mein Sohn war tot und er lebt wieder.“

Lukas erzählt viel über Maria, die Mutter des Herrn. Deshalb wird er in der Kunst gerne als Maler dargestellt, als Künstler. Er sitzt hinter seiner Staffelei, davor: Maria. Lukas malt sie. Er malt das schönste Marienbild. Jesus, der Sohn Marias, ist für Lukas der Heiland der Kranken, Freund der Zöllner und Sünder bis zuletzt. Am Kreuz. Jesus zwischen zwei Verbrechern. Einer von ihnen bittet ihn um Hilfe. Jesus sieht seine Not und sagt: „Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein.“ Jesus ist da für den, der Hilfe braucht. Dieses Bild zeichnet Lukas. Er war von Beruf Arzt. Sagt die Tradition der Kirche. Der Arzt. Er sieht den einzelnen, den Kranken. Er erkennt seine Not. Er hilft ohne Ansehen der Person. Jesus ist der Heiland der Kranken, der Freund der Zöllner und der Sünder. Für ihn rollen wir den roten Teppich aus in diesem Advent und in diesem Lukas-Lesejahr.