Liebe Böfinger und Junginger!
Mein Weg geht weiter. Die Zeit des Abschieds ist gekommen. Fast sieben Jahre habe ich in unseren Gemeinden gelebt und meinen Dienst getan mit meinen Stärken und Schwächen an schönen und an schwierigen Tagen. Vieles ist mir hier ans Herz gewachsen.
Als erstes muss ich hier die ökumenischen Begegnungen und Beziehungen nennen, die viel Spielraum boten, etwas zu gestalten. Gemeinsam haben wir in den 4 Gemeinden beglückende Stunden der (auch eucharistischen!) Gemeinschaft erlebt, aber auch schwere Stunden (ich denke an den Tod von Pfarrerin Petra Roller) miteinander getragen. Vergelt’s Gott und geb’s Gott, dass dies weitergehen kann!
Mein Herzensanliegen war und ist, die Feier der Gottesdienste in ihrer vielfältigen Form, der Eucharistie und der Sakramente, in einer Weise zu feiern, dass unsere reiche Tradition heute lebendig und versteh- und erfahrbar wird, damit Menschen, auch die, deren Kontakt zum Glauben lose geworden ist oder die durch Kirche Verletzungen erfahren haben, einen neuen Anknüpfungspunkt entdecken können. Ich weiß nicht, ob mir das gelungen ist, bin aber dankbar für alle, die sich auch in den vielfältigen Gruppen und Diensten unserer Gemeinde darauf eingelassen und das Ihre miteingebracht haben.
Diese Jahre in und am Rande der kleinen Großstadt Ulm haben mich verändert, in meinem Denken, in meinem Glauben und in meinem Umgang mit den Menschen, die mir begegnen.
Mein Bild von Kirche ist durch meinen Dienst hier bunter, reicher, lebendiger geworden. Ich habe neu die Berufung gespürt, Menschen, die mit unserer Kirche ihre Schwierigkeiten haben, Raum in dieser Kirche und Zugang zu ihren Sakramenten zu eröffnen, auch wenn mich das mehr und mehr in den inneren Zwiespalt mit meiner Kirche führt, die immer noch reformresistent zu sein scheint. Papst Franziskus macht mir da Mut, mit seinem tiefen, festen Glauben, in dem er Realitäten klar erkennt, und in seiner Einfachheit, Ideologien undogmatisch überschreitet.
Vergelt’s Gott allen ehren- und hauptamtlich Tätigen für alle wohlwollende und konstruktiv kritische Zusammenarbeit auf dem gemeinsamen Weg dieser Jahre.
Wo ich Menschen in meiner Arbeit, durch meine Frömmigkeit und Mentalität oder sonst in irgendeiner Weise verletzt habe, bitte ich um Vergebung!
Segnen ist und bleibt für mich eine zentrale Aufgabe meines priesterlichen Dienstes, eingebunden in das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen. Gott spricht im Buch Genesis zu Abraham und damit zu allen, die auf Gott vertrauen und an ihn glauben: „Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde. Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein.
Ich will segnen, die dich segnen; wer dich verwünscht, den will ich verfluchen. Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen“ (Gen 12,1-3).
So will ich nicht gehen, ohne für unsere Gemeinden und alle, die in ihnen wohnen über alle Grenzen hinweg, Gottes reichen Segen zu erbitten:
Der liebende und gütige Gott segne Euch!
Er erfülle Euch mit seiner Kraft,
auf dass Ihr mit Gelassenheit tragen könnt,
was er Euch schickt.
Er begleite Euch auf allen Euren Wegen,
auf dass Ihr zuversichtlich in die Zukunft schauen kannst.
Er segne Eure Arbeit und Eure Mühen.
auf dass Ihr Freude an Eurem Tun empfindet
und Zufriedenheit bei Euch einkehre.
Er umgebe Euch mit Menschen,
die Euch nahe sind und Euch mögen,
die Euch so annehmen,
wie Ihr geschaffen seid.
Er schenke Euch die Gnade der Bescheidenheit,
auf dass Ihr nicht jeden Verzicht als Verlust empfindet.
Er gebe Euch die Kraft, loszulassen,
was Ihr nicht festzuhalten vermögt.
Er schenke Euch ein waches Herz.
das die Spuren der Gegenwart erkennt,
offene Augen,
die sehen, was um Euch herum geschieht,
offene Ohren,
die auch leise Stimmen vernehmen,
eine freie Nase,
die auch den Atem des Lebens spürt,
neues zu entdecken,
und das Alte so zu bewahren,
dass es nicht fade wird,
zärtliche Hände
die Geborgenheit vermitteln,
starke Arme,
die Halt bieten,
kräftige Füße,
die auch weite Wege gehen können.
So segne und bewahre Euch der Herr,
Euer Gott,
dass Ihr immer bleibst, was Ihr bereits seid:
sein Ebenbild.
Er umfange Euch mit seiner Liebe
und schenke Euch Frieden und Heil.
Das gewähre Euch der treue und lebendige Gott,
der Vater und der Sohn und der Heilige Geist. AMEN.
(nach Heinz Pangels)
Und ich bitte Euch um Euren Segen für meinen Weg, für Abschied, Umzug und Neubeginn!
Vergelt’s Gott und Adieu!
Uwe Grau