Am 22. April 2023
Lesung: Apg 2,14–33
Kinder aus unserer Kirchengemeinde empfangen an diesem Sonntag ihre erste Heilige Kommunion. Das ist eine große Freude für sie, für ihre Familien und für uns. Erinnern Sie sich noch an Ihre Erstkommunion? An den Tag, an den Ort, an das Fest? Ich erinnere mich gut. Es war der 18. Dezember 1966. 4. Advent. Wie bitte? Erstkommunion im Winter? Eine Woche vor Weihnachten? Ich war sieben Jahre alt und in der ersten Klasse. Wie geht das?
In meiner Heimatgemeinde war wie überall Erstkommunion in der Regel in der dritten Klasse am Sonntag nach Ostern, am Weißen Sonntag. Doch es gab Ausnahmen. Unser Pfarrer fragte: Kann ein Kind nicht schon früher die Kommunion empfangen? Voraussetzung ist der Glaube. Das Kind glaubt, dass Jesus Christus in der Hostie wirklich gegenwärtig ist. Es kann das eucharistische Brot von gewöhnlichem Brot unterscheiden. Mir wurde das damals zugetraut. Zusammen mit einer Handvoll Kindern wurde ich vom Pfarrer auf die Kommunion vorbereitet. Im Sonntagsgottesdienst durfte ich so wie die anderen Gläubigen nach vorne gehen und die Kommunion empfangen. Ein großes Fest zu Hause und Geschenke gab es an diesem Tag nicht. Trotzdem war meine Erstkommunion etwas Besonderes, mir kostbar bis heute. Der Priester spricht am Altar über Brot und Wein die Worte, die Jesus beim Abendmahl gesprochen hat: Das ist mein Leib, das ist mein Blut. Von da an sind nicht mehr Brot und Wein auf dem Altar, sondern Leib und Blut Christi. Die Gaben werden gewandelt. Die äußere Gestalt der Gaben ist unverändert. Sie sehen immer noch aus wie Brot und Wein, sie schmecken auch so. Aber das Wesen, die Substanz, hat sich verändert. In den Gestalten von Brot und Wein ist Jesus Christus gegenwärtig, real präsent. Diese Realpräsenz bleibt, auch wenn die Feier zu Ende ist. Deshalb werden die übriggebliebenen Hostien an einem besonderen Ort in der Kirche aufbewahrt, im Tabernakel. Eine brennende Kerze in einem roten Glasgefäß erinnert uns daran. Das ewige Licht. Das ist unser katholischer Glaube. Ähnlich glauben die evangelischen Christen in der Tradition von Martin Luther. In der Feier des Abendmahls werden über Brot und Wein die Worte gesprochen, die Jesus gesprochen hat: Das ist mein Leib, das ist mein Blut. Von da an ist Jesus Christus in Brot und Wein wirklich gegenwärtig, real präsent. Allerdings werden Brot und Wein nicht gewandelt. Brot bleibt Brot. Wein bleibt Wein. In Brot und Wein ist Christus real präsent, allerdings nur solange die Feier dauert. Ist sie vorbei und bleibt etwas von den Gaben übrig, dann ist das wieder gewöhnliches Brot und gewöhnlicher Wein. Die Christen der Schweizer Reformation glauben etwas anderes. Der Reformator Ulrich Zwingli lehrt: Nach seiner Himmelfahrt ist Christus nicht mehr bei uns hier auf Erden. Er ist bei seinem Vater im Himmel. Himmel und Erde sind verschiedene Orte, voneinander getrennt. Deshalb ist Christus im Abendmahl nicht bei uns, nicht präsent. Auf dem Altar sind nur Brot und Wein, nicht mehr. Brot und Wein erinnern uns an Jesus, an sein Abendmahl vor fast 2000 Jahren. Brot und Wein sind einfach nur Zeichen, mehr nicht. Der Reformator Johannes Calvin lehrt: Nach seiner Himmelfahrt ist Christus nicht mehr bei uns hier auf Erden. Er ist bei seinem Vater im Himmel. Himmel und Erde sind verschiedene Orte. Deshalb ist Christus im Abendmahl nicht bei uns, nicht präsent. Doch jetzt kommt der Heilige Geist ins Spiel. Er stellt mit Brot und Wein eine Verbindung her zwischen uns hier auf der Erde und Christus droben im Himmel. Das ist in etwa so, wie wenn ich mit einem Freund in Amerika telefoniere. Ich kann seine Stimme hören und er meine. Wir sprechen miteinander. Wir sind an zwei verschiedenen Orten, Tausende von Kilometern voneinander entfernt und doch miteinander verbunden. Vielen von uns ist die Eucharistie kostbar. Das gilt für viele Christen unabhängig von der Konfession. Die evangelische Kirche lädt uns Katholiken ein, das Abendmahl mitzufeiern und zu empfangen. Auch bei uns in der katholischen Messfeier sind evangelische Christen zu Gast. Sie feiern mit uns. Sie empfangen die Kommunion. Uns verbindet der Glaube: Jesus Christus ist in Brot und Wein wirklich und wahrhaft gegenwärtig. Real präsent. Unendlich kostbar.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner