Im Jahr 1923 war der Priester, Philosoph und Paläontologe Pierre Tailhard de Chardin auf einer Ausgrabungexpedition in der Wüste Ordos, südwestliche Mongolei. Alle Vorräte waren aufgebraucht, es drohte der Hungertod. Als Priester war er es gewohnt, täglich die Eucharistie zu feiern. Doch was nehmen, wenn kein Schluck Wasser, schon gar kein Wein und kein Stück Brot mehr da ist um die hl. Messe zu feiern. Tailhard de Chardin nahm den Wüstenboden als Patene und die Menschen in der Wüste als lebendiges Brot. Dann sprach der das Hochgebet. Hier ein Auszug:
"Herr, da ich wieder einmal nicht in den Wälder der Aisne, sondern in der Steppe Asiens, weder Brot noch Wein, noch Altar habe, will ich mich über die Symbole bis zur reinen Majestät des Wirklichen erheben und Dir, als Dein Priester, auf dem Altar der ganzen Erde die Arbeit und die Mühsal der Welt darbringen. Die Sonne erhellt gerade dort hinten den äussersten Zipfel der ersten Aufgangs. Wieder einmal erwacht in dem sich bewegenden Feld ihrer Lichter die lebende Oberfläche der Erde, sie erzittern und beginnt ihre erschreckende Mühe. Ich lege auf meine Patene, mein Gott, die erwartete Ernte dieses neuen Bemühens. Ich gieße in meinen Kelch den Saft all der Früchte, die heute zermalmt werden. Meine Kelch und meine Patene sind die Tiefen einer Seele, die allen Kräften weit geöffnet ist, die in einem Augenblick sich von allen Punkten des Erdballs erheben und zum Geist konvergieren werden. – Kommt also zu mir, Erinnerung und mystische Gegenwart derer, die das Licht zu einem neuen Tag erweckt! Empfange Herr diese totale Hostie, die die von deiner Anziehung bewegte Schöpfung Dir im neuen Sonnenaufgang darbietet. Dieses Brot unseres Mühens, ist aus sich selbst, ich weiß es, nur ein unermeßlicher Zerfall. Dieser Wein, unser Schmerz, ist erst, leider, nur ein auflösender Trank. Doch in der Tiefe dieser unförmigen Masse hast Du – dessen bin ich mir sicher, weil ich es fühle – ein unwiderstehliches und heiligendes Verlangen gelegt, das uns alle, vom Ungläubigen bis zum Gläubigen, schreien läßt: „Herr mache uns eins“ Weil Du, mein Gott, mir mangels des spirituellen Eifers und der sublimen Reinheit Deiner Heiligen eine unwiderstehliche Zuneigung zu allem gegeben hast, was sich in der dunklen Materie bewegt – weil ich unheilbar in mir stärker als ein Kind des Himmels einen Sohn der Erde erkenne -, werde ich heute morgen in Gedanken zu den hohen Orten emposteigen, beladen mit der Hoffnung und dem Elend meiner Mutter; und dort – in der Kraft eines Priestertums, das du allein, so glaube ich, mir gegeben hast – werde ich auf alles, was im menschlichen Fleisch sich unter der aufgehenden Sonne zu entstehen oder zu vergehen anschickt, das Feuer herabrufen."