Am 06. Oktober 2024

golden sw

Rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien werden stärker, in Europa und auch bei uns. Anlässlich des Parteitags der AfD in Ulm fragen wir: Wie schätzen wir das ein? Was tun wir? Was tut der Gute Hirte? Der Gute Hirte tut zweierlei: 1. Er kämpft gegen den Wolf. 2. Er geht dem verlorenen Schaf nach. Der gute Hirte kämpft gegen den Wolf. Personen und Gruppen in der AfD werden vom Verfassungsschutz beobachtet und als rechtsextrem eingestuft.

Sie stellen sich gegen die demokratische Verfassung unseres Landes. Sie vertreten einen völkischen Nationalismus. Sie sagen: Wer einem bestimmten Volk oder einer Nation angehört, hat mehr Rechte als andere, mehr Rechte als Ausländer, als Migranten, als Geflüchtete. Diese Auffassung widerspricht dem christlichen Menschenbild. Jeder Mensch ist Ebenbild Gottes mit einer unantastbaren Würde und unveräußerlichen Grundrechten. Wir helfen allen Menschen. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar … Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar.“ Das sagen die katholischen deutschen Bischöfe. Trotzdem gilt: Die Wahl bleibt die Gewissensentscheidung jedes einzelnen. Doch wer rechtsextreme Parolen verbreitet, Rassismus, Antisemitismus, kann in der Kirche keinen Dienst tun, weder ehrenamtlich noch beruflich. Der Gute Hirte stellt sich dem Wolf entgegen. Er beschützt seine Herde. Ein zweiter Gedanke: Der Gute Hirte geht dem verloren Schaf nach. Nicht alle, die AfD wählen, sind Rechtsextremisten. Viele sind einfach nur verärgert, über die schlechte Lage in unserem Land und das Versagen der etablierten Parteien. Viele arbeiten hart und verdienen doch so wenig, dass es gerade noch reicht. Viele fürchten um ihren Arbeitsplatz oder sind schon arbeitslos. Eine bezahlbare Wohnung zu finden, wird immer schwieriger. Gewalt und Kriminalität nehmen zu. Dies alles zermürbt die Menschen. Es macht sie anfällig für vermeintlich einfache Lösungen. Scheinlösungen, sie werden von Rechtspopulisten angeboten: Ausländer und Flüchtlinge raus, Remigration, kein Geld für den Klimaschutz, kein Geld an die EU und an die Ukraine, das eigene Volk zuerst. So etwas hatten wir schon einmal. Die Nationalsozialisten führten die Welt in die Katastrophe. Unser Land hat Probleme. Menschen sind verunsichert, verärgert, anfällig für radikale Parolen. Mit diesen Menschen reden, gemeinsam echte Lösungen der Probleme suchen jenseits rechter Parolen, dazu rufen die Bischöfe auf. Wer AfD-Mitglied ist, wer AfD wählt, ist nicht automatisch aus der Kirche ausgeschlossen. Wir suchen das Gespräch. Im Februar hat die Deutsche Bischofskonferenz eine Erklärung zur AfD veröffentlicht. Anschließend hat mich ein Gemeindemitglied angerufen und gesagt: Ich wähle AfD und ich trete jetzt aus der Kirche aus, denn AfD wählen und in der Kirche sein, das geht wohl nicht mehr. Wir haben lange am Telefon miteinander gesprochen. Wie es ausgegangen ist? Ich weiß es nicht. Der Gute Hirte geht dem verlorenen Schaf nach. Der Gute Hirte beschützt das verlorene Schaf, er beschützt die Herde vor dem Wolf.


Pfarrer Dr. Bernhard Lackner