Am 22. Dezember 2024
Wir wollen das Evangelium verstehen, auch heute am 4. Advent. Die Kirchenväter, bedeutende Theologen in den ersten Jahrhunderten, sie stellen vier Fragen und wir mit ihnen. Die erste Frage lautet: Was ist tatsächlich geschehen, damals vor 2024 Jahren, in einer Stadt im Bergland von Judäa, im Haus des Zacharias und der Elisabeth? Bibelwissenschaftler arbeiten historisch-kritisch. Sie sagen: Das Evangelium von heute ist in der literarischen Form einer Legende geschrieben.
Das bedeutet: Die Personen, die in der Geschichte vorkommen, haben tatsächlich gelebt: Maria und ihr Sohn Jesus, Johannes der Täufer und vielleicht auch seine Mutter Elisabeth und sein Vater Zacharias. Freilich, die Handlung, die erzählt wird, sie ist frei erfunden. Trotzdem ist sie wahr. Worin liegt die Wahrheit dieser Geschichte? Selbstverständlich darf man glauben: Alles ist genauso gewesen, wie es im Evangelium erzählt wird. Theologen sagen: Die Wahrheit dieser Geschichte liegt nicht auf der historischen, sondern auf der theologischen Ebene. So kommen wir zur zweiten Frage: Was sagt uns das Evangelium über unseren Glauben an Gott, an Jesus Christus? Beide Kinder in dieser Geschichte, sie sind noch nicht geboren, sie sind besondere Kinder. Das ältere, Johannes der Täufer, er hat eine wichtige Aufgabe: Er soll Jesus vorangehen, ihm den Weg bereiten, ihn taufen, auf ihn hinweisen mit einem langen Zeigefinger, gemalt auf dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald, zu sehen im Unterlinden-Museum in Colmar. Seht, das Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünde der Welt. Jesus ist das Lamm Gottes. Er ist aber auch der Herr. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Sagt Elisabeth zu Maria. Maria ist die Mutter des Herrn. Der Herr, griechisch Kyrios, hebräisch Adonai, das ist in der Tradition der Bibel nur einer: Gott. Es folgt die dritte Frage: Was sollen wir tun? Maria macht sich auf den Weg von ihrer Heimatstadt Nazareth in Galiläa, weit im Norden, ins Bergland von Judäa, in den Süden. Es ist ein langer Weg, beschwerlich zu gehen, zumal Maria schwanger ist. Sie besucht ihre Verwandte Elisabeth. Auch sie erwartet ein Kind. Wen besuchen wir, jetzt im Advent, in der Weihnachtszeit? Wer wartet auf uns, sehnlichst? Machen wir uns auf den Weg, auch wenn das Umstände macht? Elisabeth sagt zu Maria: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Gesegnet bist du. Segen, griechisch eu-logia, gutes Sagen, lateinisch benedictio, bene dicere, Gutes sagen. Was sagen wir, wenn wir Verwandte und Freunde besuchen an Weihnachten? Reden wir über Politik und fangen an zu streiten? Reden wir über den Klimawandel und fangen an zu streiten? Reden wir über die verstorbenen Eltern, wie ungerecht sie uns behandelt haben, und fangen an zu streiten? Besser ist es, Gutes zu sagen, bene-dictio, eu-logia. Maria und Elisabeth, beide Frauen sind schwanger. Was tun wir, damit alle gut leben können? Frauen, die ein Kind erwarten? Eltern und ihre Kinder? Es bleibt die letzte Frage: Was dürfen wir hoffen? Was wird sein ganz am Ende? Johannes und Jesus, beide sind noch nicht geboren. Sie werden geboren werden, in der Zukunft. Große Erwartungen sind mit den beiden verbunden. Werden sie in Erfüllung gehen? Wir wünschen uns und anderen Gutes. Manches davon geht in Erfüllung in diesem Leben, manches leider nicht. Doch wir haben Hoffnung. Ganz am Ende gilt: Alles wird gut.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner
Kehrvers zum Jahresthema 2025
Denkt weiter und vertrauet dem Evangelium.
Vers zum 1. Advent
Wir warten auf das Kommen des Heilands Jesus Christ.
Wir wollen ihn empfangen, der unsre Hoffnung ist.
Vers zum 2. Advent
Johannes zeigt auf Jesus, der diese Welt befreit.
Er kommt, uns zu erlösen. Macht ihm den Weg bereit
Vers zum 3. Advent
Johannes ist die Stimme, die in der Wüste spricht.
Er gibt uns heute Zeugnis für das ersehnte Licht.
Vers zum 4. Advent
Gesegnet ist Maria, die Mutter unsres Herrn.
So kommt in diese Weltzeit der Schöpfer aller Stern.
Text des Kehrverses: Markus 1, 15
Musik: Jacques Berthier GL Nr. 386
Bildnachweise: MAGNIFICAT des Künstlers und Seelsorgers Uli Viereck aus Villingen-Schwenningen. Das Labyrinth, hier nachempfunden dem großen Labyrinth in der Kathedarale von Chartres, ist in der christlichen Tradition ein Sinnbild für den Lebensweg des gläubigen Menschen: der Weg mag Irrungen und Wirrungen, Kurven und Umwege haben, aber der Mensch, der Jesus als Weggefährten hat, der geht nie verloren, er erreicht sein Ziel. Die Lebenswege Jesu und Johnannes sind auf magische Weise, wie durch eine Nabelschnur miteinander verbunden.