am 11. Oktober 2020
Der 20. August ist der Gedenktag des heiligen Bernhard von Clairvaux. Er ist mein Namenspatron. In meiner Heimat, auf der Schwäbischen Alb, in der Nähe von Schwäbisch Gmünd, da gibt es einen Berg, der den Namen des Heiligen trägt. Auf dem Berg befindet sich eine kleine Kapelle mit dem Gnadenbild des Heiligen. Jedes Jahr am 20. August findet dort eine Wallfahrt statt mit Tausenden von Pilgern. In früheren Jahren habe ich oft teilgenommen, in diesem Jahr nicht. Die Wallfahrt wurde abgesagt. Sie kennen den Grund: Corona. Tausende von Menschen dicht gedrängt beim Festgottesdienst, anschließend bei Bratwurst und Bier - das wäre zu gefährlich in diesem Jahr. Trotzdem war ich auf dem Berg, einige Tage später. Ganz allein bin ich hinaufgestiegen an einem sonnigen Sommermorgen.
Ich erinnerte mich: Vor Jahren war mir dort auf dem Weg hinauf zum Wallfahrtsfest ein Kollege begegnet. Der betete im Gehen den Rosenkranz. Er winkte mir freundlich zu und betete weiter. Jetzt dachte ich mir: Das mach ich auch, beim Hinaufgehen den Rosenkranz beten. Es ging ganz wunderbar. Rosenkranzbeten im Gehen. Das geht gut. Der Oktober ist der Rosenkranzmonat. Am 7. Oktober ist das Rosenkranzfest. Der Rosenkranz ist das meditative Gebet unserer Kirche. Gegrüßet seist du, Maria. Immer wieder gebetet. Mehr als 50 Mal. Mit jedem Ave Maria, das wir sprechen, verbinden wir ein Bild aus dem Leben von Jesus. Jesus, den du, o Jungfrau, vom Heiligen Geist empfangen hast. Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast. Jesus, den du o Jungfrau im Tempel wiedergefunden hast. Maria nimmt uns gleichsam bei der Hand und betrachtet mit uns zusammen, was Jesus für uns getan hat. Er, Jesus, hat unser Leben mit uns geteilt, Freude und Leid. Maria ist an seiner Seite. Sein Weg, ihr Weg, ist auch unser Weg. Ein Weg des Glaubens. Ein Weg des Vertrauens in Gott in guten und in schlechten Zeiten. Wem hilft der Rosenkranz? Eine Mutter trauert um ihr Kind. Der Schmerz ist unbeschreiblich. Sie betet den Rosenkranz. Sie erfährt: Ich bin nicht allein. Jesus, Maria, sie gehen meinen Weg mit auch im Leid. Maria hat ihren Sohn Jesus verloren. Er ist am Kreuz gestorben. Doch schon viel früher hat sie ihn hergegeben. 40 Tage nach seiner Geburt bringt sie ihn nach Jerusalem in den Tempel. Er ist der Erstgeborene. Er ist Gott geweiht. Jesus, den du o Jungfrau im Tempel aufgeopfert hast. Trauernde, die den Rosenkranz beten, betrachten dieses Bild, und sie betrachten auch das nächste. Der Zwölfjährige Jesus ist verschwunden. Drei Tage lang suchen ihn seine Eltern verzweifelt, voller Angst. Dann finden sie ihn wieder im Tempel in Jerusalem. Dort spricht er mit den Gelehrten. Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel wiedergefunden hast. Trauernde, die dieses Bild betrachten, erfahren: So ist es auch bei mir. Der liebe Verstorbene, den ich so vermisse, ich habe ihn wiedergefunden bei Gott. Er ist jetzt in Gott geborgen. So wie Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast. Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel wiedergefunden hast. Der Rosenkranz ist das meditative Gebet unserer Kirche. Maria nimmt uns bei der Hand. Mit uns geht sie den Weg ihres Sohnes Jesus. Es ist unser Weg, unsere Wahrheit, unser Leben.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner