am 01. November 2020
Evangelium: Mt 5,1-12a
„Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen, denn ihnen gehört das Himmelreich.“ Das sagt Jesus im Evangelium am Beginn der Bergpredigt. Es ist die achte Seligpreisung. „Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen, denn ihnen gehört das Himmelreich.“ Es gibt Menschen, die sich für die Gerechtigkeit einsetzen und deshalb verfolgt werden. Hier in Ulm denken wir an die Geschwister Scholl. Hans und Sophie Scholl. Hier in Ulm waren sie zuhause.
In München haben sie studiert während des Zweiten Weltkriegs. Ganz klar haben sie es gesehen: Das Regime der Nationalsozialisten ist ein Unrechtsregime. Der Krieg, den die Nazis begonnen haben, bringt unendliches Leid über die Menschen. Dieser Krieg ist ein Verbrechen. Eine Schande. Die Geschwister Scholl und ihre Freunde nennen ihre Gruppe „Die weiße Rose“. Sie haben es gesehen und sie haben es gesagt. Offen in Flugblättern. Sie haben protestiert. Sie haben zum Widerstand aufgerufen. Sie wurden verhaftet. Verurteilt. Ermordet. „Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen, denn ihnen gehört das Himmelreich.“ Diese Seligpreisung gilt den Geschwistern Scholl. Sie gilt der Weißen Rose. Sie haben sich eingesetzt für die Gerechtigkeit. Sie wurden verfolgt. Sie haben ihr Leben geopfert. Ihnen gehört das Himmelreich. Das Himmelreich. Dieses Wort gebraucht der Evangelist Matthäus. Die anderen, Markus und Lukas, sprechen vom Reich Gottes. Alle drei Synoptiker meinen das gleiche: Gott will, dass alle Menschen gut leben können, in Gerechtigkeit, in Frieden, in Wohlstand. Schon hier und jetzt. In Jesus hat dieses Reich Gottes angefangen, dieses Himmelreich. Hier und jetzt. Wo Jesus am Werk ist. Wo Menschen so wie Jesus am Werk sind. Da ist ein Stück Himmel auf unsere Erde gekommen. Da berühren sich Himmel und Erde. Vollendet freilich wird das Reich Gottes erst am Ende sein, am Ende der Geschichte, am Ende dieser Welt. Himmelreich. Reich Gottes. Gott will, dass alle Menschen gut leben können, in Gerechtigkeit, in Frieden. Nicht wir Menschen tun den ersten Schritt. Gott tut ihn in Jesus, in seinem Sohn. Er lädt uns ein, es ihm gleich zu tun, mitzubauen an einem neuen Himmel und an einer neuen Erde. Doch den ersten Schritt, den tut Gott. Himmelreich. Reich Gottes. Das ist zuerst sein Geschenk an uns. Dieses Geschenk überreicht er uns durch seinen Sohn, Jesus, und durch Menschen, die Jesus folgen. Wir leben in einer freien Gesellschaft, in Gerechtigkeit, in Frieden, in einer Demokratie. Die Menschenrechte werden respektiert. Menschen in Not wird geholfen. Haben wir das selbst gemacht? Nein. Wir wurden in diese gute Welt hineingeboren. Sie wurde uns geschenkt. Wir versuchen, dies alles zu erhalten. Wir setzen uns dafür ein, dass Menschen gut leben können in Gerechtigkeit und in Frieden. Aber wir haben diese unsere Welt nicht selbst gemacht. Andere haben sie für uns bereitet. Menschen, die dafür gekämpft haben. Menschen, die ihr Leben dafür gegeben haben, und Gott, der immer am Werk ist, wenn Menschen Gutes tun. Wir feiern heute das Fest Allerheiligen. Die Heiligen sind Menschen, die in dieser Welt vorbildlich gelebt haben und jetzt bei Gott im Himmel sind. Viele von ihnen kennen wir mit Namen. Zu ihnen gehören die Geschwister Scholl und ihre Freunde. Die Weiße Rose.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner