Am 11. April 2021
EVANGELIUM: Lk 11,1–4
Führe uns nicht in Versuchung. So beten wir im Vaterunser. Versuchung - das kennen wir. Ich stehe beim Discounter vor dem Regal mit den Backwaren. Da liegen sie: die Berliner. So heißen die bei uns. Manche sagen auch Krapfen dazu. Brandteig, in Fett gebacken, mit Marmelade gefüllt, mit Puderzucker bestäubt. Da sagt mir eine Stimme: Nimm die große Tüte und fülle sie. Gehe nach Hause und esse sie alle.
Die Versuchung tritt gleichsam von außen an uns heran. Die alten Mönchsväter in der Wüste in Ägypten sagen: Ein Dämon greift uns an. Hier ist es der Dämon der Völlerei. Ob es solche Dämonen wirklich gibt? Die alten Mönche sagen: Ja. Wir sagen eher: Nein. Aber die Versuchung, die von außen kommt, die gibt es schon. Was kann man gegen die Versuchung tun? Die Mönchsväter sagen: Gegen die Versuchung der Völlerei hilft das rechte Maß. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Alles im rechten Maß. Einen Berliner essen, das ist in Ordnung. Drei Berliner auf einmal, das ist zu viel. Die Versuchung. Thomas, der Apostel, er kennt sie ebenfalls. Er ist versucht, am Glauben zu zweifeln. Er ist versucht, den Glauben an Jesus Christus zu verlieren. Er sagt seinen Freunden: Ich glaube euch nur, wenn ich Beweise bekomme, hieb- und stichfeste Beweise, Fakten. Da greift Gott ein. Jesus, der Auferstandene zeigt sich dem ungläubigen Thomas. Der macht die Erfahrung: Auch in der Versuchung des Zweifels, des Unglaubens, bin ich nicht allein. Jesus, Gott, er ist bei mir. Er zeigt mir den Weg. Er gibt mir Kraft. Er leitet mich. Er hilft mir, die Versuchung zu überwinden. Genau das ist die Bedeutung der Bitte „Führe uns nicht in Versuchung“. Die Versuchung tritt gleichsam von außen an uns heran. Doch Gott ist auch da bei uns. Er leitet uns. Er stärkt uns. Er ist stärker als die Mächte, die uns in Versuchung führen, die feindlichen Mächte. Sie können nur so weit gehen, wie Gott es ihnen erlaubt. Er ist der Herr der Lage. Feindliche Mächte treiben ihr Unwesen in unserer Seele, in unserem Denken, Fühlen, Wollen und Handeln. Woher kommen sie? Menschen entscheiden sich frei, nicht nur das Gute und Richtige zu tun, sondern auch das Böse. Schon die ersten Menschen ganz am Anfang haben diese falsche Entscheidung getroffen. Die Bibel nennt sie Adam und Eva. Ihre falsche Entscheidung prägt von da an ihr Denken, Fühlen, Wollen und Handeln, und auch das Zusammenleben mit anderen. Entscheidungen für das Falsche und Böse infizieren unsere Welt wie ein Virus. Das Böse ist von da an in der Welt. Es vergiftet das Leben der Menschen von Generation zu Generation. Theologisch nennt man diesen Zusammenhang Erbsünde. Doch Gott kann das Böse überwinden und er tut es. Gott, wir vertrauen dir. Du bist bei uns, auch wenn wir versucht sind, dumme Sachen zu machen. Du leitest uns. Du gibst uns Kraft. Du bist stärker als die feindlichen Mächte. Führe uns nicht in Versuchung.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner