Am 15. August 2021
GEBET: DER GLORREICHE ROSENKRANZ
Heute, am 15. August, am Fest Mariä Himmelfahrt, beginnt in Südtirol die Apfelernte. Als erste werden die Äpfel der Sorte Gala geerntet. Dunkelrot. Saftig. Süß. Wenn wir in diesen Tagen hier bei uns über die Felder gehen, sehen wir, dass das Getreide schon zu einem großen Teil geerntet ist. Der Wind geht über die Stoppeln. So ist Mariä Himmelfahrt in gewissem Sinne ein Erntefest. Das gilt im übertragenen Sinne auch für Maria, die Mutter des Herrn. Am Ende ihres irdischen Lebens wurde sie in den Himmel aufgenommen.
Das glauben wir. Das feiern wir heute. Vom Ende her schauen wir auf ihr Leben. Es ist ein reiches und erfülltes Leben. Eine reiche Ernte. Schon als junge Frau ist Maria offen für das, was Gott mit ihr vorhat. Sie ist bereit, den Sohn Gottes zu empfangen und ihn zur Welt zu bringen, obwohl sie damals noch gar nicht weiß, was das genau bedeutet. Vierzig Tage nach der Geburt bringen Maria und Josef ihren Sohn nach Jerusalem in den Tempel, um das Kind Gott zu weihen. Eltern wissen: Unser Kind steht noch ganz am Anfang seines Lebensweges. Wird dieser Weg gelingen? Sie hoffen es, aber sie wissen es nicht. Sie können es nicht garantieren, selbst wenn sie alles für ihr Kind tun. Sie vertrauen: Wir sind nicht allein. Es gibt einen, der für unser Kind da ist, wie eine Mutter und wie ein Vater, viel mehr als wir das können. Eltern bringen ihr Kind zur Taufe in die Kirche. Maria und Josef bringen ihren Sohn in den Tempel nach Jerusalem, um ihn Gott zu weihen. Zwölf Jahre später. Jesus, Maria und Josef sind wieder in Jerusalem, zur Wallfahrt. Auf der Heimreise fehlt der Zwölfjährige. Die Eltern denken sich nichts dabei. Der wird schon irgendwo sein, bei Freunden, bei Verwandten, unterwegs. Doch dann machen sie sich Sorgen. Drei Tage suchen sie ihn voller Angst. Dann finden sie ihn in Jerusalem im Tempel. Er diskutiert mit den Theologen. Maria macht ihm Vorwürfe: Kind, warum hast du uns das angetan? Er antwortet ganz cool, wie Zwölfjährige das so machen: Wusstet ihr nicht, dass ich dem sein muss, was meinem Vater gehört? Eltern lernen: Unser Kind ist uns anvertraut, aber nur auf Zeit. Es gehört uns nicht. Unser Sohn wird erwachsen. Er geht seine eigenen Wege. Wir müssen ihn freigeben. Wir können ihn freigeben. Denn da ist einer, der auf ihn achtgibt, einer, der für ihn Mutter und Vater ist, viel mehr, als wir das können. Maria begleitet ihren erwachsenen Sohn auf seinem Weg bis zum Ende. Nach der Auferstehung ist sie im Kreis der Jünger. Sie beten. Sie empfangen den Heiligen Geist, neue Kraft aus der Höhe. Am Ende ihres irdischen Lebens wird Maria in den Himmel aufgenommen. Ihr Sohn, Jesus Christus, der König des Himmels und der Erde, krönt sie zur Königin. Jesus, der dich, o Jungfrau, in den Himmel aufgenommen hat. Jesus, der dich, o Jungfrau, im Himmel gekrönt hat. So beten wir im glorreichen Rosenkranz. Wir feiern das Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel. Wir schauen auf ihre Leben. Ein erfülltes Leben. Eine reiche Ernte.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner