Am 17. Oktober 2021
EVANGELIUM: Markus 10, 35–45
Jakobus und Johannes, zwei Jünger, sie bitten Jesus: „Lass in deiner Herrlichkeit einen von uns rechts und den anderen links neben dir sitzen.“ Rechts und links, ganz nahe bei Jesus, dem Meister, sein, das wollen die beiden. Warum? Sie wollen sich in seinem Licht sonnen und sie wollen teilhaben an seiner Macht.
Jesus merkt das. Er fragt sie: „Seid ihr bereit, den Kelch zu trinken, den ich trinke, oder die Taufe auf euch zu nehmen, mit der ich getauft werde?“ Seid ihr bereit, nicht nur Macht und Ehre mit mir zu teilen, sondern auch das andere? Kelch und Taufe? Anstrengung? Dienst für die Menschen? Verfolgung? Anfeindung? Leiden und Tod? Sie antworten: „Wir können es.“ Yes, we can! Jesus lehrt seine Jünger: Den ersten Platz einnehmen, das bedeutet nicht: Macht und Ansehen genießen. Ein Amt ausüben, das ist auch: Sich mit Problemen herumschlagen. Entscheidungen treffen und damit leben müssen, dass manche mit diesen Entscheidungen gar nicht einverstanden sind. Sich einsetzen. Eigene Interessen hintanstellen. Diszipliniert arbeiten. Den Menschen dienen. „Wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein.“ Jesus hinterfragt die Herrschaftssysteme seiner Zeit. Ein absoluter Monarch oben. Viele Untertanen unten. „Herrscher“, die „ihre Völker unterdrücken“. „Mächtige“, die „ihre Macht über die Menschen missbrauchen“. Jesus sieht die Gefahr. Er sieht den Missbrauch der Macht. Deshalb sein Alternativkonzept: Wer die Macht hat, der darf sie nicht zum eigenen Vorteil gebrauchen, gegen die anderen. Er hat die Macht zum Wohl aller einzusetzen. Ein Amt haben heißt: Dienen. Wir leben in einem Land, das nach den Prinzipien der Demokratie und des Rechtsstaats organisiert ist. Gleiche und freie Bürger, keine Untertanen. Ämter durch Wahl verliehen, zeitlich begrenzt, kontrolliert von Parlament und Justiz. Auch unsere Kirche entwickelt sich in dieser Richtung. Mehr Kommunikation auf gleicher Augenhöhe. Entscheidungen, die aus Beratungen und Abstimmungen hervorgehen, synodal, konziliar. Ämter auf Zeit. Vor beinahe 60 Jahren tagte in Rom das Zweite Vatikanische Konzil. Die Kirche öffnete ihre Fenster für die moderne Welt. Frischer Wind. Heiliger Geist. Die Kirche in Deutschland geht den Synodalen Weg. Gläubige und Bischöfe fragen gemeinsam: Wie sieht sie aus, die Kirche von morgen? Miteinander reden. Kommunikation auf Augenhöhe. Gemeinsam entscheiden. So funktioniert auch eine gute Ehe. Frau und Mann sind gleichberechtigte Partner. Ziel der Ehe ist das Wohl der Ehepartner, dass es ihnen gut geht, und dass sie Kindern das Leben schenken. Das sagt unsere Kirche im Zweiten Vatikanischen Konzil. Kommunikation in offener Rede und in gegenseitigem Respekt. Eine Gemeinschaft von gleichen und freien Menschen. Das wünsche ich uns. Das tut uns gut, in der Gesellschaft und in der Kirche.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner