Am 10. Juli 2022

EVANGELIUM: Matthäus 16,13–20

ukraine sw

Wir glauben an Gott. Wir glauben, dass er zu uns spricht in seinem Sohn Jesus Christus. Verlässlich und endgültig. Wenn wir wissen wollen, wer Gott ist und was er sagt und tut, dann schauen wir auf Jesus Christus. Seine Jünger damals haben ihn erlebt. Sie haben gehört und gesehen, was er gesagt und getan hat. Sie haben seine Botschaft und sein Beispiel in sich aufgenommen.

Die christliche Botschaft ist der Gemeinschaft der Christen anvertraut, der Kirche. In der Kirche kennen wir fünf Orte, an denen wir die Glaubenswahrheit finden. Der erste Fundort ist die Bibel. Der zweite ist die Tradition. Der dritte Fundort ist die Theologie. Der vierte ist der Glaubenssinn der Gläubigen. Der fünfte Fundort ist das kirchliche Lehramt. Über diesen fünften und letzten Fundort spreche ich heute. Wenn wir uns informieren wollen über unseren Glauben, dann lesen wir in der Bibel. Darüber hinaus schauen wir, was die Tradition der Kirche sagt, zum Beispiel im Zweiten Vatikanischen Konzil. Wir lesen, was die Theologen sagen, und wir hören in uns selbst hinein, auf unseren Glaubenssinn. Was aber tun wir, wenn die Aussagen dieser vier Fundorte nicht eindeutig sind? Was tun wir, wenn neue Fragen auftauchen, die bisher noch keiner beantwortet hat? Dann kommt der fünfte Fundort ins Spiel, das Lehramt der Kirche. Ausgeübt wird es von den Bischöfen mit dem Papst an ihrer Spitze. Sie sind die Nachfolger der Apostel. Ihnen hat Jesus die Leitung der Kirche anvertraut und die Aufgabe, das Evangelium zu verkünden. Verlässlich. Zuverlässig. Jesus hat der Gemeinschaft seiner Jünger die Wahrheit des Evangeliums anvertraut und er hat ihnen die Zusage gegeben, dass die Kirche als Ganze das Evangelium und seine Wahrheit nie verlieren wird. Dafür sorgt der Heilige Geist, der Geist der Wahrheit. Die Kirche als Ganze wird die Wahrheit des Glaubens nicht verlieren. Doch innerhalb der Kirche muss es eine Institution geben, die diese Wahrheit ausspricht, sie zur Sprache bringt. Zu Petrus sagt Jesus: „Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.“ Die Bischöfe mit dem Bischof von Rom an ihrer Spitze können entscheiden, was zur Wahrheit des Glaubens gehört und was nicht. Das ist ihre Aufgabe, das Lehramt der Kirche. In besonderen Fällen kann der Papst als Nachfolger des Apostels Petrus allein zuverlässig die Wahrheit des Glaubens verkünden und lehren. Ohne Irrtum. Unfehlbar. Das sagt das Erste Vatikanische Konzil 1870. Dieses unfehlbare Lehramt des Papstes ist freilich eingeschränkt auf Fragen des Glaubens und der Moral. Der Papst kann nicht unfehlbar sagen, wie das Wetter in diesem Sommer wird oder wer nächstes Jahr deutscher Fußballmeister wird. Unfehlbar lehren kann der Papst nur, wenn er das ausdrücklich tut, ex cathedra. Das ist seit dem Ersten Vatikanischen Konzil nur einmal geschehen:1950. Da hat Papst Pius XII. das Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel verkündet. Unfehlbare Lehren des Papstes gibt es bisher nur in Fragen des Glaubens, nicht aber in Fragen der Moral. Der erste Fundort christlicher Wahrheit ist die Bibel. Der zweite ist die Tradition der Kirche, alles, was die Kirche sagt über die Botschaft der Bibel hinaus. Der dritte Fundort ist die Theologie. Der vierte ist der Glaubenssinn der Gläubigen. Der fünfte Fundort ist das Lehramt der Kirche, ausgeübt von den Bischöfen und dem Papst. „Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.“

Pfarrer Dr. Bernhard Lackner