Am 26. November 2022

zela2022 sw

LESUNG: Micha 4, 1-5

Liebe Schwestern und Brüder, vor dem Gebäude der Vereinten Nationen in New York steht eine Bronzeskulptur. Sie zeigt einen muskulösen Mann, der ein Schwert zu einem Pflug umschmiedet. Die Sowjetunion schenkte diese Skulptur den Vereinten Nationen im Jahr 1959 als Zeichen des Friedenswillens. „Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden und ihre Lanzen zu Winzermessern.

Sie erheben nicht das Schwert, Nation gegen Nation, und sie erlernen nicht mehr den Krieg.“ So prophezeit es Jesája. Wir haben es in der heutigen Lesung gehört. Ungefähr 2600 Jahre sind seit dieser Prophezeiung vergangen. Und immer noch sehnen wir uns danach, dass sich diese Prophezeiung erfüllt. Nur drei Jahre nachdem die Bronzeskulptur vor dem Gebäude der Vereinten Nationen als Friedenszeichen aufgestellt wurde, stand die Welt am Rande eines Atomkriegs: 1962 war die Kuba-Krise. Heute blicken wir voller Sorge auf einen Krieg in der Ukraine – fast vor unserer Haustür. Die Folgen spüren wir alle. „Sie erheben nicht das Schwert, Nation gegen Nation.“ Weit entfernt sind wir von der Erfüllung der Prophezeiung des Jesája. Wir Menschen schaffen es einfach nicht, die Welt zu einem friedvollen Ort zu machen. Aber auch das hat uns Jesája gesagt: Dass Nationen nicht mehr das Schwert gegeneinander erheben – das wird erst am Ende der Tage geschehen. Dann wird Gott Richter sein über die Menschen. Er wird das Recht zwischen den Nationen schaffen. Das Reich Gottes wird vollendet sein. Am Ende der Tage… Wir wissen nicht, wann das sein wird. Das haben wir heute im Evangelium nochmal gehört. Jesus sagt: „Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt.“ Aber Jesus hat uns auch gesagt, was bis dahin unsere Aufgabe ist: „Seid wachsam!“ Was bedeutet das? Am Ende der heutigen Lesung sagt uns Jesája: „Haus Jakob, auf, wir wollen gehen im Licht des HERRN.“ Haus Jakob – das sind die Israeliten. Vom Neuen Testament aus betrachtet sind auch wir, die wir Christus nachfolgen, dazu berufen, im Licht des Herrn zu gehen. Das heißt: Auf Gottes Wort zu hören, nach Gottes Wort zu handeln. „Er unterweise uns in seinen Wegen, auf seinen Pfaden wollen wir gehen.“, so sagt es der Prophet Jesája. Und darin sollen wir nicht müde werden, sagt Jesus im heutigen Evangelium. Wir sollen stets auf seine Ankunft vorbereitet sein. Ankunft, das heißt auf Latein „Adventus“. Advent. Beim Advent, bei der Ankunft von Jesus denken wir sofort an Weihnachten. Da wird Jesus im Stall von Betlehem geboren. Da kommt er als Kind zu uns. Und natürlich bereiten wir uns im Advent auf Weihnachten vor. Aber im Evangelium haben wir gehört: Seid wachsam! Ihr wisst nicht, wann Jesus zu euch kommt. Nun sind viele Erwachsene immer wieder überrascht, dass schon wieder Weihnachten ist. Aber eigentlich wissen wir ganz genau: Weihnachten ist am 25. Dezember. Seid wachsam – ihr wisst nicht, wann Jesus zu euch kommt: Weihnachten kann damit nicht gemeint sein. Aber wenn wir wachsam sind, dann kann uns Jesus jederzeit begegnen. Wir glauben, dass Jesus mitten unter uns ist – und uns begegnet. Damit ist das von Jesája verheißene Reich Gottes bereits heute mitten unter uns – wenn wir wachsam sind. Und wenn wir im Licht des HERRN gehen. Besonders kann uns Jesus in den Menschen begegnen, denen es nicht so gut geht. Jesus begegnet uns in einem Menschen, der kein Geld hat, der arm ist. Das Reich Gottes wird heute schon dort Wirklichkeit, wo wir etwas teilen. Er begegnet uns in einem Menschen, der krank ist. Oder einsam. Das Reich Gottes wird dort Wirklichkeit, wo wir kranke und einsame Menschen besuchen. Jesus begegnet uns in einem Menschen, der traurig ist. Weil jemand gestorben ist. Weil eine Freundschaft oder eine Partnerschaft zerbrochen ist. Ein Mensch, der unseren Trost braucht. Das Reich Gottes wird dort Wirklichkeit, wo wir trösten. Jesus begegnet uns in einem Menschen, der flüchten musste. Weil Krieg in seiner Heimat herrscht. Oder weil es in seiner Heimat nichts zu essen gibt. Das Reich Gottes wird dort Wirklichkeit, wo wir Geflüchteten helfen, eine neue Heimat zu finden. In all diesen Menschen kann uns Jesus bereits heute jederzeit begegnen – und das Reich Gottes sichtbar werden – wenn wir wachsam sind. Im Reich Gottes werden Schwerter zu Pflugscharen. Das hat uns Jesája gesagt. Können wir das auch machen? Schwerter zu Pflugscharen? Hier in Jungingen, in unserem Alltag? Eines der schärfsten Schwerter, das wir Menschen haben – ist unsere Zunge. Worte können verletzen. Worte können zu Unfrieden und Gewalt anstacheln. „Was aber aus dem Mund herauskommt, das kommt aus dem Herzen und das macht den Menschen unrein. Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsche Zeugenaussagen und Lästerungen“ Sagt Jesus im Matthäus-Evangelium (Mt 15,18f). Aus diesem Schwert – der Zunge – eine Pflugschar zu machen, das bedeutet: Auf verletzende Worte zu verzichten. Und stattdessen Worte zu sprechen, die Frucht bringen. Worte, die Trost spenden. Worte, die die Welt zu einem besseren Ort machen. In der Adventszeit bereiten wir uns auf die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus vor. Ein guter Zeitpunkt, darüber nachzudenken, wie wir bei uns im Kleinen Gottes Reich verwirklichen können: Macht Schwerter zu Pflugscharen!

Diakon Markus Lubert