Am 08. Januar 2023
EVANGELIUM: Mt. 3, 13-17
Zeitenwende. Das ist das Wort des vergangenen Jahres 2022. Festgelegt von der Gesellschaft für deutsche Sprache. Zeitenwende. Ich fände es spannend, wenn wir nicht nur ein Wort des Jahres hätten, sondern auch einen Gegenstand des Jahres. Was könnte der Gegenstand des Jahres 2022 sein? Die Panzerhaubitze 2000? Der Schützenpanzer Puma? Oder doch der Heizkörperthermostat?
Als Gegenstand des Jahres schlage ich vor: den Waschlappen. Unser Ministerpräsident Winfried Kretschmann empfiehlt ihn. Energie sparen. Weniger duschen. Stattdessen öfter den Waschlappen benutzen. Haben Sie noch einen? Früher, als viele noch kein Bad und keine Dusche hatten, da hatte jeder ganz viele - Waschlappen. Mein Gegenstand des Jahres 2022. Sind wir nicht alle bisweilen Waschlappen? Zwei Wochen vor Weihnachten erwischte mich RSV. Ich habe im Google nachgeschaut. RSV heißt Radsportverein. Das ist hier aber nicht gemeint. RS ist ein Virus. Ich hatte zehn Tage lang Fieber, Kopfschmerzen, Halsschmerzen, trockenen Husten, Erschöpfung. Vielleicht kennen Sie das auch. Im Sommer mit Corona, da hatte ich nach drei Tagen Fieber das meiste überstanden. Aber diesmal dauerte es zwei Wochen und danach fühle ich mich immer noch wie ein Waschlappen. Doch global gesehen ist das ein Luxusproblem. Hätte ich die gleiche Infektion nicht hier in Ulm bekommen, sondern in Charkiv, in einer eiskalten Wohnung, ohne die Möglichkeit, eine Ärztin aufzusuchen, ohne Apotheke, ohne anständiges warmes Essen und heißen Tee, da würde ich nicht mehr über Waschlappen philosophieren. Wir blicken auf die Not in unserer Welt. Wir würden gerne mehr tun, mehr helfen. Wir fühlen uns wie Waschlappen. Ohnmächtig. Hilflos. Der Waschlappen. Wer ihn schon einmal benutzt hat, weiß es: Er ist besser als sein Ruf. Nach der Anwendung fühlt man sich sauber und erfrischt. Auch ohne Dusche oder Bad. Auch mit einfachen Mitteln kann ich etwas Wesentliches erreichen. Ich muss sie nur anwenden. Nicht jammern, sondern machen. Manchmal sind es die kleinen Schritte, die einfachen Mittel, die uns voranbringen. Johannes der Täufer hat die Menschen im Jordan getauft. Er hat sie vollständig im Wasser untergetaucht. Was hätte er getan, wenn der Jordan Niedrigwasser geführt hätte? Nur eine Handbreit Wasser über dem Knöchel? Nein, jetzt bitte keinen Waschlappen. Wir taufen die Täuflinge heute, indem wir ihnen eine Handvoll Wasser über den Kopf gießen. Drei Mal. Dazu sprechen wir: Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Ganz einfach. Aber das Wesentliche geschieht. Wir feiern Eucharistie. Ein Stück Brot. Ein Schluck Wein. Ein paar Worte. Ganz einfach. Aber das Wesentliche geschieht. Im Evangelium sagt die Stimme aus dem Himmel über Jesus: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe. Ein Satz. Ganz einfach. Aber das Wesentliche ist gesagt. Wesentliches sagen. Ganz einfach. Das sollten wir öfter tun. Wie lautet doch gleich unser Jahresthema? Ich will euch eine Zukunft und einen …? Nein. Ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner