Am 14. Mai 2023
EVANGELIUM: Joh 14,15-21
Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. Wir wollen gut leben. Was tun wir dafür? Wir halten uns an die Regeln, an die Zehn Gebote. Vom ersten Gebot war schon die Rede. Heute geht es um das zweite. Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen. So haben wir es gelernt. Nach kirchlicher Zählung ist das richtig.
In der Bibel freilich steht vor diesem Gebot noch ein anderes: Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. Du sollst dir kein Gottesbild machen. Damals zur Zeit der Bibel wurden viele verschiedene Götter verehrt. Assyrer, Ägypter, Griechen, sie alle hatten ihre Götter und sie fertigten Götterbilder an. Statuen, um ihre Götter zu verehren. Anders die Israeliten. Sie verehren nur einen Gott und sie fertigen kein Bild von ihm an. Du sollst dir kein Gottesbild machen. Warum? Kein Bild, von Menschen gemacht, könnte Gott erfassen. Unser Denken und unser Sprechen sind begrenzt. Wir können Gott nie ganz erfassen. Wir können uns ihm nur annähern. Deshalb gilt: Du sollst dir kein Gottesbild machen. Freilich, ein Gottesbild kennt auch die Bibel. Kein von Menschen gemachtes. Bild Gottes ist der Mensch. Gott hat den Menschen als sein Ebenbild erschaffen. So lesen wir im Buch Genesis. Wörtlich steht da: Gott hat den Menschen als sein Standbild erschaffen. Wie Heiden in ihren Tempeln Statuen ihrer Götter aufstellen, wie Könige Standbilder von sich aufstellen lassen, so stellt Gott den Menschen in die Welt als sein Abbild, als seinen Stellvertreter. Der Mensch hat Anteil an der Würde Gottes, an seiner Macht, an seiner Freiheit. Im Neuen Testament ist Jesus Christus das Ebenbild des unsichtbaren Gottes. Du sollst dir kein Gottesbild machen. Doch wir brauchen Bilder, in denen wir Gott begegnen. Die Bibel kennt solche Bilder. Der gute Hirt. Er geht dem verirrten Schaf nach. Der barmherzige Vater. Er nimmt den verlorenen Sohn wieder bei sich auf. Das Lamm. Unschuldig geopfert nimmt es die Schuld der Welt hinweg. Wir brauchen diese Bilder. Du sollst dir kein Gottesbild machen. Dieses Gebot wurde wörtlich genommen vor 1000 Jahren in der Kirche des Ostens. Da hat man darüber gestritten und hat sich für die Bilder entschieden, für die Ikonen. Ikonen sind Fenster zum Himmel. Vor 500 Jahren in der Zeit der Reformation, da wurden Bilder aus Kirchen entfernt, auch aus dem Ulmer Münster. Vieles ging verloren. Bildersturm. Vor 50 Jahren gab es das auch bei uns nach dem Konzil. Liturgiereform. Neugotische Altäre galten als Kitsch und wurden als Brennholz entsorgt. Die Georgskirche hier in Ulm sollte innen weiß gestrichen werden. Doch es fehlte dafür das Geld. Dann kam das Denkmalamt und untersagte die Streichaktion. Die Bilder blieben erhalten. Gott sei Dank. Du sollst dir kein Gottesbild machen. Das Bilderverbot hilft den Israeliten, sich von den Heiden und ihren Götzen zu distanzieren. Es sagt uns: Wir können Gott in Bildern nie ganz erfassen. Trotzdem, wir brauchen Bilder, um uns dem Geheimnis Gottes anzunähern. Bilder in der Sprache. Bilder in der Phantasie und in der Realität. Der gute Hirte. Der barmherzige Vater. Das Lamm, das die Sünde der Welt hinwegnimmt.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner