Am 28. Mai 2023

erstkommunion sw

EVANGELIUM: Joh 20, 19–23

Wir wollen gut leben. Wir halten uns an die Zehn Gebote. Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt. Das ist das vierte Gebot nach der kirchlichen Zählung. Worum geht es? Das vierte Gebot ist im alten Israel gleichsam die Rentenversicherung und die Pflegeversicherung.

Es richtet sich an den erwachsenen Israeliten. Er soll seine Eltern, wenn sie alt geworden sind, bei sich behalten und gut für sie sorgen. Im Orient genießen alte Menschen höchsten Respekt. Ehre deinen Vater und deine Mutter. Wir leben heute in einem Sozialstaat. Der Staat spannt das soziale Netz auf. Dieses Netz fängt jeden auf, nach einem Unfall, bei Krankheit, im Alter. Anders in biblischer Zeit. Das soziale Netz ist nicht der Staat, sondern die Großfamilie. In ihr ist der Einzelne geborgen, in guten und in schlechten Zeiten. Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt. Wer als Erwachsener seine alten Eltern gut versorgt, darf erwarten, dass auch er im Alter nicht im Stich gelassen wird von den eigenen Kindern. Er wird lange leben im Land, der Herr, sein Gott ihm gibt. Das ist die Goldene Regel: Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen. Ehre deinen Vater und deine Mutter. Das vierte Gebot beschreibt die Solidarität zwischen den Generationen. Wie ist es heute um diese Solidarität bestellt? Wir alle wünschen uns, dass wir auch im Alter gut versorgt sind, am besten zuhause. Für viele alte Menschen geht dieser Wunsch in Erfüllung. Sie leben zuhause, liebevoll versorgt von den Angehörigen und von Pflegediensten. Doch irgendwann kann der Punkt kommen, wo das nicht mehr geht. Die Wohnung ist zu klein. Sie ist ungeeignet für aufwendige Pflege. Pflegende Angehörige sind berufstätig. Sie arbeiten für den Lebensunterhalt. Dazu kommen jeden Tag mehrere Stunden Pflege, über Monate und Jahre hinweg. Das geht an die Grenzen der Leistungsfähigkeit und darüber hinaus. Pflegende Angehörige übernehmen sich. Sie werden selber zum Pflegefall. Da ist es für alle besser, wenn die pflegebedürftige Person umzieht in ein Seniorenheim und dort regelmäßig besucht wird, vom Sohn, von der Tochter, von den Enkelkindern. Enkel brauchen ihre Großeltern. Oma und Opa haben oft mehr Zeit für die Enkel als die Eltern, und mehr Verständnis. Großeltern brauchen ihre Enkelkinder. Die Oma bezahlt dem Enkelkind den Führerschein und das erste Auto. Das Enkelkind fährt die Oma am Sonntag mit dem Auto zur Kirche, zum Gottesdienst. Wir sind aufeinander angewiesen. Wir sind einander anvertraut über die Generationen hinweg. Das vierte Gebot regelt die Beziehung zwischen den Generationen. Solidarität. Gegenseitiges Helfen. Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus. Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt.

Pfarrer Dr. Bernhard Lackner