Am 04. Juni 2023

erstkommunion sw

EVANGELIUM: Joh 3,16-18

Wir feiern heute den Dreifaltigkeitssonntag, liebe Schwestern und Brüder. In der Konstitution des Zisterzienserordens aus dem Jahr 1664 heißt es frei übersetzt: „Am Dreifaltigkeitsfest soll man wegen des schwierigen Inhalts nicht predigen.“ Anderswo wird gesagt: „Wer die Dreifaltigkeit erklären kann, hat sie nicht begriffen.“ Da steh‘ ich nun, ich armer Tor. Möge der Heilige Geist mir die Worte eingeben!

Dreifaltigkeitssonntag. Trinitatis. Das Kirchenjahr der evangelischen Kirche wird unter anderem nach Trinitatis gezählt. In evangelischer Zählweise ist beispielsweise der 5. November in diesem Jahr der 22. Sonntag nach Trinitatis. Für uns Christen ist das offenbar ein sehr wichtiges Hochfest. Was feiern wir? Dreifaltigkeit: Wir alle wissen, das sind Vater, Sohn und Heiliger Geist. Wenn wir auf das heutige Evangelium schauen, dann fällt auf: Es wird vom Vater erzählt. Es wird vom Sohn erzählt. Aber kein Wort vom Heiligen Geist. Ist das überhaupt das passende Evangelium für den Dreifaltigkeitssonntag? Das Schlüsselwort für das Aufschließen des heutigen Evangeliums ist für mich das Wort „Offenbarung“. Dieses Wort kommt zwar weder in der Lesung noch im Evangelium vor. Aber es fasst beide Texte zusammen. Gott offenbart sich als jemand, der Anteil an unserem Leben hat. Der barmherzig und gnädig ist. So hat sich Gott dem Mose offenbart. Wir haben es in der Lesung gehört. Gott offenbart sich als jemand, der die Welt so sehr liebt, dass er jede und jeden von uns retten möchte. Der uns das Leben geschenkt hat. Der uns im Leben begleitet und uns dort trägt, wo es schwierig wird. Das ist das Bild des Vaters. Für manche ist es vielleicht auch eher das Bild der Mutter oder allgemein der Eltern. Das ist eine der drei Weisen, wie wir Gott in unserem Leben erfahren können. Gott als Schöpfer des Lebens und der Erde. Sichtbar beispielsweise auch in der Schönheit der Natur. Dann ist da noch das Vorbild. Jemand, der uns zeigt, wie wir ein gelingendes Leben führen können. Der uns aber auch zeigt, dass unser Leben nicht dann gut gelingt, wenn wir immer nur auf unseren eigenen Vorteil achten. Sondern, dass es etwas gibt, das weit über unser irdisches Leben hinausweist. Und dass unser Ziel deshalb nicht sein sollte, Schätze hier auf der Erde anzusammeln. Das Vorbild. Das ist das Bild des Sohnes, des fleischgewordenen Wortes Gottes. Das Wort, das uns Menschen zu einem guten Miteinander führen möchte. Das ist eine weitere Weise, wie wir Gott in unserem Leben erfahren können. Da ist ein Kompass für unser Leben. Für ein gutes Leben. Jesus Christus. Er offenbart sich uns beispielsweise, wenn wir in der Heiligen Schrift lesen. Dann sind da noch Menschen, die sich von Gott berühren lassen. Die uns spüren lassen: Dieser Jesus wirkt auch heute noch in den Menschen weiter. Und er steckt auch in uns selbst: Wenn wir uns berühren lassen von der Not unserer Mitmenschen. Wenn wir spüren: Ich selbst kann diesem Jesus nachfolgen und Gutes in der Welt bewirken. Die Liebe Gottes: Ich kann sie weitergeben in der Liebe zu meinem Nächsten. Das ist das Bild des Geistes. Im heutigen Evangelium wird der Heilige Geist nicht ausdrücklich genannt. Aber er verbirgt sich hinter der Liebe Gottes zu seinem Sohn und uns Menschen. Da wirkt eine Kraft in uns und anderen Menschen. Eine Kraft, die wir ignorieren können. Aber von der wir uns auch begeistern lassen können. Die uns mit anderen Menschen zusammenführt. Mit anderen Menschen, die auch begeistert sind von diesem Gott, der sich uns offenbart hat – und immer wieder neu offenbart. Eine Kraft, die uns lenken kann – wenn wir sie lassen. Die Dreifaltigkeit kann man nicht erklären. Aber für uns Christen ist „Dreifaltigkeit“ der Begriff, der die verschiedenen Weisen zusammenfasst, wie sich uns der eine Gott offenbart. Diese Offenbarung feiern wir am Dreifaltigkeitsfest. Hinter der Dreifaltigkeit verbirgt sich die je eigene Erfahrung jeder und jedes Einzelnen von uns mit diesem Gott, der uns in ganz unterschiedlicher Weise in unserem Leben begegnet. Diese Erfahrungen können wir miteinander teilen. Wir können uns von unserem Gottesbild erzählen. Aber es gibt da kein richtiges und kein falsches Gottesbild. Weil es hier um die ganz persönliche Geschichte geht: Wie hat sich Gott in meinem Leben offenbart? Wie offenbart er sich auch heute? In Franken gab es früher den Brauch, am Dreifaltigkeitssonntag – dem goldenen Sonntag – zu Hause zu bleiben, ein religiöses Buch zu lesen und über das Geheimnis Gottes nachzudenken. Aber auch: Mit anderen über den Glauben zu sprechen. Falls Sie heute Nachmittag noch nichts vorhaben, denken Sie doch mal darüber nach: Wie offenbart sich Gott in Ihrem Leben, Schwestern und Brüder?

Diakon Markus Lubert