Am 09. Juli 2023

leitartikel sw

EVANGELIUM: Mt. 11,28-30

Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt? Nein. Tief im Westen von Spanien, wo das Land endet, am Atlantischen Ozean, ist das Grab des Apostels Jakobus. Santiago de Compostela. Seit Jahrhunderten machen sich Pilger auf den Weg dorthin, viele zu Fuß. Auf dem Jakobsweg gibt es Stationen, an denen die Pilger Halt machen. Eine dieser Stationen ist eine Passhöhe. Dort steht ein einfaches Eisenkreuz.

Dort legen die Jakobspilger nach altem Brauch einen Stein nieder. Einen Stein, den sie von zu Hause mitgebracht haben. Er ist ein Zeichen für die Sorgen, die einer im Herzen trägt. Diese Last wird am Cruz de Ferro abgelegt. Befreit und gestärkt setzt der Pilger seinen Weg fort. Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Jakobspilger. Welchen Stein würden Sie von zuhause mitbringen und am Cruz de Ferro ablegen? Was belastet Sie? Was drückt Sie? Was möchten Sie unbedingt loswerden? Ablegen? Welcher Stein soll ihnen vom Herzen fallen? Die Weltpolitik macht uns Sorgen. Der Krieg in der Ukraine, das Leid der Menschen dort und die Folgen. Wächst die Kriegsgefahr in Europa? Energie und Lebensmittel sind teuer geworden. Menschen fliehen vor Krieg und Not. Im Mittelmeer kommen viele ums Leben. Der Klimawandel schreitet fort. Dürre und Unwetter nehmen zu. Sorgen. Steine. Die gibt es auch im Privaten, bei der Arbeit, in der Familie und auch in der Kirche. Wie geht es weiter? Was können wir tun? Steine. Wir möchten sie gerne ablegen. Wo? Am Cruz de Ferro. Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht. Sagt Jesus. Wo geht in Erfüllung, was er sagt? Dort, wo wir von ihm lernen. Wo wir leben wie er. Gütig und von Herzen demütig. Gütig. Gutes denken und Gutes tun. Gut sein zu anderen und zu sich selbst. Demütig sein. Sich selbst nicht zu wichtig nehmen. Dann fallen Lasten ab. Wir kennen das. Jemand möchte reden, braucht einen, der zuhört. Ich bin da. Ich höre zu. Ich muss nicht viel sagen, am besten gar nichts. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Einer trage des Anderen Last. Einfach nur da sein und zuhören, das genügt. Manchmal sage ich doch etwas, als Priester, wenn ich das Sakrament der Versöhnung spende, das Sakrament der Freude: Gott verzeiht dir. Ganz sicher. Jetzt. Jesus bewegt Menschen, dass sie sich mit ihm verbinden, von ihm lernen, leben wie er. Er bewegt uns, dass wir uns mit ihm verbinden, von ihm lernen, leben wie er. Immer mit Jesus verbunden sein, das ist mein Lebensprojekt. Eine Gruppe evangelischer junger Menschen hat erfahren, dass es hier bei uns in der Kirche eine Abendandacht gibt, ein Abendlob. Spontan haben sie beschlossen: Da gehen wir hin. Zum Abendlob gehört eine Viertelstunde stille Anbetung vor dem Allerheiligsten. Jesus Christus in der Gestalt des Brotes in einem kleinen goldenen Schaugefäß auf dem Altar. Ich schaue ihn an. Er schaut mich an. Das genügt. Ich bin fokussiert auf ihn. Konzentriert auf ihn. Die jungen Leute haben das als wohltuend empfunden. Das tut der Seele gut, stille eucharistische Anbetung. Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken. Ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.

Pfarrer Dr. Bernhard Lackner