Am 29. Oktober 2023

leitartikel sw

VIDEO: What if God was one of us

Ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben. Das ist unser Jahresthema. Es steht im Buch des Propheten Jeremia. Wir schauen noch einmal auf das, was damals geschehen ist, vor mehr als 2500 Jahren. Drei Großmächte bedrängen das kleine Volk Israel: Ägypten im Westen, Assur und Babylon im Osten. Im Jahr 586 erobern die Babylonier Jerusalem. Die Stadt und der Tempel werden niedergebrannt.

Viele sterben. Viele werden gefangen genommen und weggeführt in die Fremde, ins Exil nach Babylon. Die Israeliten leiden. Voller Sorge fragen sie: Werden wir jemals wieder heimkehren dürfen in unser Land oder werden wir einfach - verschwinden? Feinde im Westen und im Osten bedrohen Israel. Das ist auch heute so. Damals im 6. Jahrhundert v. Chr. verkündet der Prophet Jeremia den Israeliten, was Gott ihnen sagt: Ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben. Dieses Versprechen geht in Erfüllung. Im Jahr 538 besiegt der Perserkönig Kyros die Babylonier. Er erlaubt den Israeliten, heimzukehren in ihr Land. Jerusalem und der Tempel werden wieder aufgebaut. Alles wird gut. Der Perserkönig befreit Israel. Das ist heute nicht so. Die Machthaber in Persien - im Iran – sie wollen Israel nicht befreien, sondern vernichten. Sie begründen das religiös: Gott will es. So sagen sie. Die Propheten Israels vor 2500 Jahren deuten die Befreiung aus der babylonischen Gefangenschaft ebenfalls religiös. Gott hat das bewirkt. Er hat sein Volk befreit, durch Kyros, den persischen Großkönig. Ihn benutzt Gott wie ein Werkzeug. So werden damals, in biblischer Zeit, Ereignisse der Geschichte gedeutet. Gott greift ein. Können wir heute eine solche Deutung übernehmen? Können wir das, was in unserer Zeit geschieht, ebenso verstehen? Religiös? Gott greift ein? Wir tun uns damit eher schwer. Zu oft haben Mächtige behauptet, im Namen Gottes zu handeln. Tatsächlich aber haben sie Völker in die Katastrophe geführt. Doch es gibt auch das andere. Vor 33 Jahren ist die Herrschaft des Kommunismus in Europa zusammengebrochen. Völker, die Jahrzehnte in ihren Ländern eingesperrt waren, sie waren plötzlich frei. Wie ging das? Papst Johannes Paul II. hat die freie Gewerkschaft Solidarnosc in Polen unterstützt. Michael Gorbatschow, Regierungschef der Sowjetunion, hat der politischen Entwicklung ihren Lauf gelassen. Er hat keine Gewalt eingesetzt gegen Demonstranten. Menschen in Leipzig und anderswo haben friedlich demonstriert. In den Kirchen hatten sie großen Rückhalt. Dann kam die Wende. Freiheit. Demokratie. Friedlich. Ohne Gewalt. War da Gott im Spiel? Hat er eingegriffen? Heute sind wir betroffen vom Leid der Menschen im Nahen Osten und in der Ukraine. Sie leiden unter Gewalt und Krieg. Am 7. Oktober wurden mehr als 1400 Israelis von Hamas-Terroristen ermordet. Mehr als 200 wurden als Geiseln verschleppt. Dieses Verbrechen ist durch nichts zu rechtfertigen. Trotzdem gilt: Gerechtigkeit schafft Frieden. Politiker versuchen auf diplomatischen Wegen, die Konflikte zu entschärfen. Was bringt das? Viele erleben sich als hilflos angesichts der Gewalt, angesichts des Leids. Menschen sterben. Kinder. Frauen. Zivilisten. Soldaten. Woher kommt Hilfe? Könnte nicht Gott eingreifen? Könnte er nicht die Herzen der Menschen bewegen, damit sie Schritte des Friedens tun? Gott, an den alle an den Konflikten Beteiligte glauben? Muslime. Juden. Christen. What if God was one of us? Was wenn Gott einer von uns wäre? God is great. God is god.

Pfarrer Dr. Bernhard Lackner