Am 7. April 2024

leitartikel sw

EVANGELIUM: JOH 20,19-31

Wir zweifeln so wie Thomas; das Glauben fällt uns schwer. Der christliche Glaube schwindet. Die meisten Deutschen sind heute weder evangelisch noch katholisch. Wir Christen sind in Deutschland eine Minderheit, weniger als 50 %. Der Glaube schwindet auch innerhalb der Kirche. Glauben Sie, dass Gott sich in Jesus Christus gezeigt hat? So werden Kirchenmitglieder gefragt. Viele antworten: Nein, das glaube ich nicht.

Es gibt immer mehr Ungläubige unter uns. Thomas 2.0, wenn wir so wollen. Der christliche Glaube schwindet. Warum? Was sind die Gründe? Religionssoziologen, sie arbeiten wissenschaftlich, empirisch, mit Fakten, sie sagen: Die Gründe für den Glaubensschwund liegen – Überraschung! - nicht innerhalb der Kirchen, sondern außerhalb, in der Gesellschaft. Es sind vier Gründe. Sie heißen: Individualisierung, Urbanisierung, Wohlstand und Freizeitangebot. Individualisierung. Immer mehr Menschen leben allein. Eine Person in einem Haushalt in einer Wohnung. Ist das schlimm? Ist nicht der Glaube auch etwas sehr Persönliches, etwas ganz Individuelles? Zum Glauben sind doch nur Zwei notwendig: Gott und ich. Oder? Wo kommt mein Glaube her? Habe ich ihn selbst gemacht? Nein, ich habe ihn geschenkt bekommen, von meinen Eltern, von meinen Geschwistern, von Freunden, von Menschen, die mich begeistert haben, von Menschen, die mich inspiriert haben. Wer hat Sie begeistert? Wer inspiriert Sie? Wo begegnet Thomas dem Auferstandenen? Im Kreis der Apostel. Vorher sagen sie ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Der zweite Grund für den Glaubensverlust ist die Urbanisierung. Immer mehr Menschen leben in Städten, in Wohnblocks. Kaum einer kennt seine Nachbarn. Im schlimmsten Fall stirbt eine Person in ihrer Wohnung und keiner merkt es, wochenlang. Der dritte Grund für den Glaubensverlust ist der Wohlstand. Bei uns gibt es immer mehr arme Menschen und immer mehr reiche. Wer viel Geld hat, könnte meinen: Ich bin von niemandem abhängig, von keinem Menschen, von keinem Gott. Wenn ich etwas brauche, kann ich es mir kaufen. Wenn ich etwas brauche, kann ich das bestellen, im Internet. Der vierte Grund für den Glaubensschwund ist das Freizeitangebot. Früher durfte am Sonntagmorgen keine Sportveranstaltung sein, vor allem keine mit Kindern und Jugendlichen. Am Sonntagmorgen ist Gottesdienst, und heute? Um 7.30 Uhr trifft sich die Jugendfußballmannschaft am Sportheim und fährt zu einem Turnier. Das geht. Was wäre, wenn ich um 7.30 Uhr zu einem Jugendgottesdienst einladen würde? Im Advent feiern wir freitagmorgens um 6 Uhr in Jungingen Rorategottesdienste. Dabei sind auch Jugendliche. Freizeitangebote, Wohlstand, Urbanisierung, Individualisierung. Vier Gründe für den Glaubensverlust. Wir zweifeln so wie Thomas; das Glauben fällt uns schwer. Doch Jesus lebt und liebt uns umso mehr. Ich schließe mit einem Gebet von Frère Roger, dem Gründer der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé. Es ist mein Primizspruch. Es steht auf meinem Primizbild: Christus, in deinem Vertrauen zu uns liegt der Sinn unseres Lebens. Uns, die wir sagen: „Ich glaube, Herr, komm meinem geringen Glauben zu Hilfe“, bahnst du einen Weg, die Schöpfung mitzugestalten. Auf diesem Weg lässt du uns selbst noch mit unserer Zerbrechlichkeit etwas bewirken.


Pfarrer Dr. Bernhard Lackner

 

Kehrvers zum Jahresthema 2024

Ich kann dem Leben trauen,
weil Gott es mit mir lebt.
Dem Leben trau´n,
weil Gott es mit uns lebt.

Vers zum Weißen Sonntag

Wir zweifeln so wie Thomas;
das Glauben fällt uns schwer.
Doch Jesus lebt
und liebt uns umso mehr.

Text des Kehrverses: nach Alfred Delp
Vers: Bernhard Lackner
Musik: Kurt Rommel Gotteslob Nr. 448