Am 30. Juni 2024
Acht Kinder der Gustav-Werner-Schule und der Friedrich-von-Bodelschwingh-Schule in Böfingen bereiten sich derzeit auf ihre Erstkommunion vor. Sie haben Einschränkungen in ihren geistigen Fähigkeiten, in ihren körperlichen Fähigkeiten. Am Samstagnachmittag treffen sie sich mit ihrer Seelsorgerin im Gemeindehaus zum Kommunionunterricht, am nächsten Samstag dann in der Kirche zu einem Gottesdienst.
Immer im Wechsel: Unterricht im Gemeindehaus, Gottesdienst in der Kirche. Gestern waren wir in der Kirche. Ein Kommunionkind wurde getauft. Eingeladen waren auch Eltern, Geschwister, Großeltern, Paten, Onkel und Tanten. Die Seelsorgerin sagte mir vor der Feier: Am letzten Samstag waren wir zum Kommunionunterricht nicht im Gemeindesaal, sondern in der Kirche. Den Kindern tut die Atmosphäre hier in der Kirche gut. Hier fühlen sie sich wohl. Sie spüren: Dies ist ein besonderer Raum, ein heiliger Raum, Kirche. Am Beginn der Feier gehe ich von der Sakristei in die Kirche. Ich trage ein weißes liturgisches Gewand, eine Tunika und eine Stola. Ein Kind schaut mich mit großen Augen an. Ich erfahre: Dieses Kind geht mit Begeisterung in den Religionsunterricht und kennt schon viele Geschichten von Jesus. Jetzt sagt dieses Kind zu uns allen: Der sieht ja aus wie Jesus! Das Kind hat erkannt, worum es hier geht, ganz unmittelbar. Ich handle hier nicht in eigener Vollmacht. Ich übernehme an diesem heiligen Ort und in diesem heiligen Spiel die Rolle von Jesus. Ich handle, wie es die Kirche lehrt, in Persona Christi. Der Priester ist das Bild von Jesus. Jesus ist das Urbild im Himmel, der Priester sein Abbild hier auf der Erde. Er ist die Ikone von Jesus. So sagen es die Christen in der orthodoxen Kirche. Kinder verstehen das. Die Tauffeier geht weiter. Ich lese eine Stelle aus dem Evangelium. Man bringt Kinder zu Jesus. Er soll sie segnen. Die Jünger weisen die Leute ab. Jesus sagt: Lasst die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht daran, denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes. Amen, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Kinder haben einen direkten Zugang zu dieser anderen Wirklichkeit, die Jesus Reich Gottes nennt. Kinder sind ganz nah dran. Wir können von ihnen lernen. Wir gehen zum Taufstein, feiern Taufe. Alle sind mit dabei, konzentriert, fokussiert. Wir spüren: Das, was hier geschieht, das machen wir nicht selbst. Da passiert etwas Größeres. Da kommt ein Stück Himmel zu uns. Da berühren sich Himmel und Erde. Nach der Taufspendung zeige ich ein kleines weißes Taufkleid. Ich sage: Wenn ein Baby getauft wird, bekommt es dieses Taufkleid. Aber unser Täufling ist ja schon groß. Deshalb habe ich ein anderes Kleid dabei, ein weißes Ministrantengewand. Ich frage das Taufkind: Möchtest du das anziehen? Es nickt. Sichtlich berührt und voller Stolz trägt es das weiße Kleid. Jetzt stehen da Drei in Weiß: das Taufkind, die Seelsorgerin – sie trägt ebenfalls eine Tunika - und ich. Wer getauft ist, der hat Christus wie ein neues Kleid angezogen, sagt Paulus. Lasst die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht daran, denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes. Wer das Reich Gottes so annimmt wie ein Kind, der wird hineinkommen.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner