Am 21. Juli 2024

leitartikel sw

Work Life Balance. Das ist heute vielen Menschen wichtig. Das ist jungen Menschen wichtig. Work Life Balance. Die Balance zwischen Arbeiten und Leben. Arbeiten. Das möchten junge Menschen. Arbeiten in einem guten Beruf. Genügend Geld verdienen. Erfahren: Ich kann etwas leisten, ich kann etwas bewegen, die Welt gestalten. Doch die Arbeit darf nicht überhandnehmen. Sie darf nicht zum Stress werden, zur Belastung.

Arbeit ist nicht alles. Genauso wichtig ist das Leben. Leben mit dem Menschen, der mir wichtig ist. Leben in der Familie, mit Freunden. Freizeit, Urlaub, draußen sein in der Natur, Sport treiben, Musik, ein Fest feiern, Party machen, ausruhen, das Leben genießen. Work Life Balance. Arbeiten und leben in Balance. Das ist nichts anderes als das rechte Maß. Nicht zu viel und nicht zu wenig, von allem, was uns wichtig ist. Das rechte Maß, der Goldene Mittelweg, das ist eine von den vier Kardinaltugenden. Das Wort kommt vom lat. cardo, die Türangel. Vier Kardinaltugenden öffnen uns gleichsam die Tür zum Leben. Vier Kardinaltugenden, das sind Lebenseinstellungen, Haltungen. Sie helfen uns, gut zu leben. Sie heißen: Klugheit und Gerechtigkeit, Tapferkeit und das rechte Maß. Das rechte Maß. Von allem nicht zu viel und nicht zu wenig. Diese Haltung zieht sich wie ein roter Faden durch die Regel des heiligen Benedikt. Benedikt, der Vater des abendländischen Mönchtums, lebte im 6. Jahrhundert. Für die Mönche in seinen Klöstern schrieb er eine Regel, ein Buch mit Anweisungen für das Leben. Was steht da drin? Ora et labora. Bete und arbeite. So sagen viele spontan. Ora et labora, bete und arbeite. Dieser Satz steht nicht in der Regel des heiligen Benedikt. Ora et labora, beten und arbeiten, das ist auch nicht etwas, was nur Benediktiner tun. Das tun vermutlich alle Christen. Das tun vermutlich alle, die irgendwie gläubig sind. Beten, Gott suchen, mit ihm in Verbindung sein. Das tut der Seele gut. Das ist mir wichtig, kostbar. Beten, am Morgen und am Abend, vor dem Essen, am Sonntag im Gottesdienst, vor einer Klassenarbeit, im Krankenhaus vor der Operation, im Bunker, wenn draußen die Bomben explodieren. Beten und arbeiten. Arbeiten. Die meisten Menschen, wenn sie erwachsen und gesund sind, tun das. Die wenigsten haben im Lotto gewonnen oder ein Vermögen geerbt, so dass sie das nicht tun müssen: Arbeiten. Ora et labora. Bete und arbeite. Das rechte Maß. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Work Life Balance. Arbeiten und leben in Balance. Was sagt Jesus dazu? „Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus.“ Das sagt er zu seinen Aposteln. Sie hatten gearbeitet, hart gearbeitet. Sie waren zu den Menschen gegangen, weite Wege. Sie hatten das Evangelium verkündet. Sie hatten Kranke geheilt. Sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen. So zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen. Deshalb jetzt: Ausruhen. Jesu selbst tut das. Er schläft sogar im Boot auf dem See, sogar, wenn der Sturm tobt. Jesus zieht sich zurück in der Nacht, auf den Berg, um zu beten. Doch dann sieht er die vielen Menschen. Sie brauchen ihn. Er hat Mitleid mit ihnen. Sie sind wie Schafe, die keinen Hirten haben. Er lehrt sie lange. Jesus, der gute Hirt. Ora et labora. Bete und arbeite. Das rechte Maß. Work Life Balance. Was gilt für uns? Was tun wir?


Pfarrer Dr. Bernhard Lackner