Am 24. Dezember 2016
An Weihnachten gibt es Geschenke. Darüber freuen sich besonders die Kinder. Sie dürfen sich etwas wünschen, einen Wunschzettel schreiben an das Christkind, und meistens gehen die Wünsche in Erfüllung. Ich habe mir als Kind zu Weihnachten immer Lego gewünscht. Lego, diese kleinen bunten Bausteine aus Kunststoff. Man kann sie zusammenstecken. Man kann aus ihnen fast alles machen. Wenn ich als Kind draußen in der Welt etwas Interessantes entdeckt hatte, ein Feuerwehrauto z.B., dann konnte ich es kaum erwarten, bis ich wieder zu Hause war, damit ich es nachbauen konnte mit Lego. Lego, kleine bunte Bausteine. Man kann aus ihnen fast alles machen, die Welt gleichsam neu zusammenstrecken – ein tolles Geschenk.
An Weihnachten gibt es Geschenke, nicht nur für die Kinder, auch für die Erwachsenen. Geschenke, bisweilen durchaus hochwertig, eine Armbanduhr, ein Smartphone. Außer diesen materiellen Wertsachen beschenken wir uns mit Präsenten, die nicht materiell sind. An Weihnachten schenken wir einander Zeit. Wir genießen das Zusammensein mit Menschen, die uns wichtig sind. Familie. Freunde. Wir geben einander zu verstehen: Du bist mir wichtig. Ich schätze dich. Ich kann mich auf dich verlassen. Das musst du mir schon längst nicht mehr beweisen. Ich vertraue dir, einfach so, und ich lasse dich so sein, wie du bist, auch mit deinen Macken, mit den kleinen und den großen. Die haben wir ja alle. Und ich freue mich auf die Zeit, die wir gemeinsam verbringen, jetzt und in der Zukunft. Ich kann es kaum erwarten. Erwarten, vertrauen, lassen, wertschätzen. Damit beschenken wir uns besonders an Weihnachten. Geschenke, immateriell und doch wertvoll, kostbar. Bausteine. Aus ihnen bauen wir unsere Welt. Aus ihnen bauen wir unser Leben.
An Weihnachten gibt es Geschenke. An diese Regel hält sich auch der liebe Gott. Er schenkt uns heute seinen Sohn, Jesus. Gott schenkt uns damit sich selbst. Mehr geht nicht, das kostbarste Geschenk. Dieses Geschenk haben wir gar nicht verdient. Hätten wir es verdient, dann wäre es ja kein Geschenk mehr. Auf ein Geschenk hat man keinen Anspruch. Es ist gratis. Vor 500 Jahren hat einer diesen Gedanken neu entdeckt, neu gedacht: Martin Luther. Seine Frage und die Frage seiner Zeitgenossen war: Was muss ich tun, damit ich in den Himmel komme und nicht in die Hölle? Wie bekomme ich einen gnädigen Gott? Die erste Antwort lautet: Ich muss die Gebote halten. Ich muss viel Gutes tun. Aber, wer schafft das schon? Gott weiß: Keiner von uns schafft es. Keiner tut so viel Gutes, dass er sich den Himmel verdient hätte. Keiner außer Jesus. Wir anderen packen das nicht. Weil das so ist, deshalb schenkt uns Gott die ewige Seligkeit. Das einzige, was wir tun müssen, ist, daran zu glauben. Die Eintrittskarte in den Himmel ist ein Geschenk von Gott, sein großes Geschenk an uns, wertvoll, kostbar. Geschenk, der theologische Begriff dafür ist: Gnade.
„Die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. Sie erzieht uns dazu, … besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben, während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten …“
So steht es im Brief des Apostels Paulus an Titus. In der Lesung haben wir diese Stelle gehört. Jesus ist erschienen. Er rettet alle, ohne dass wir es verdient haben. Er hilft uns, besonnen, gerecht und fromm zu leben. Was dürfen wir erwarten? Dass sich unsere Hoffnung erfüllt. Das Jahr 2016, es geht zu Ende. Es war das Jahr der Barmherzigkeit, ausgerufen von Papst Franziskus. Am Petersdom in Rom und an vielen Kirchen auf der ganzen Welt gab es eine heilige Pforte, eine Tür der Barmherzigkeit, offen für jedermann. Bitte eintreten! Ein Zeichen, ein Symbol. Das Tor zum Himmel steht uns offen. Ewige Seligkeit, unverdient, gratis.
An Weihnachten gibt es Geschenke, für Kinder, für Erwachsene, wertvolle Geschenke. Sie heißen: Vertrauen, wertschätzen, lassen, erwarten. Gott schenkt uns seinen Sohn, Jesus, sich selbst. Mehr geht nicht. Wenn das kein Grund ist zum Feiern! Uns allen wünsche ich gesegnete Weihnachten.
Pfr. Dr. Bernhard Lackner