am 11. Februar 2018
Predigt am 6. Sonntag im Lesejahr B
Evangelium: Mk 1, 40-45
Neulich habe ich im Internet ein Video entdeckt. Ein junger Mann steht morgens auf. Er geht in die Küche. Er öffnet den Kühlschrank. Darin sieht er nur eine Karotte und einen Bund Petersilie. Traurig. Was tun? Der junge Mann verlässt das Haus. Vor dem Haus auf einem Parkplatz steht eine Badewanne. Seitlich an der Wanne angeschraubt sind sechs Propeller. Der junge Mann steigt in die Badewanne. Er nimmt eine Fernbedienung zur Hand. Er startet die Motoren und die Badewanne – sie hebt ab! Unglaublich!
Sie fliegt über Land, über Wiesen und Felder. Sie landet auf einem Parkplatz vor einer Bäckerei. Der junge Mann steigt aus. Er kauft sich ein belegtes Brötchen und fliegt zurück nach Hause in seiner Badewanne. Das Video endet mit einem Text, der eingeblendet wird. Da ist zu lesen: Die zuständigen Behörden sagen: Die Aktion erfordert keine luftfahrtrechtliche Genehmigung, solange die Flughöhe weniger als 30 Meter beträgt. Alle überflogenen, öffentlich zugänglichen Flächen waren abgesperrt. Die Eigentümer haben zugestimmt. Ja, so ist das bei uns in Deutschland. Für alles gibt es Gesetze. Man kann nicht einmal kurz zum Bäcker fliegen in der Badewanne, ohne bestimmte Paragrafen zu beachten. Gesetze, sie sind notwendig, damit Menschen gut leben können, damit niemand zu Schaden kommt. Das war schon vor 2000 Jahren so, damals, als die Bibel entstanden ist. Die Bibel, wir wollen sie besser verstehen. Deshalb fragen wir: Können Badewannen fliegen? Nein, wir fragen: In welcher Form ist der Text geschrieben, den wir gerade lesen? In der Bibel finden wir Gesetze, Rechtssammlungen. Heute in der Lesung steht ein solches Gesetz. Darin geht es um die Gesundheit. Wenn ein Mensch einen Hautausschlag hat, dann muss er das einem Priester zeigen. Wenn der Priester feststellt, das ist Aussatz, dann muss der Kranke sich von den Gesunden fern halten. Er wird ausgesetzt. Denn Aussatz, Lepra, ist ansteckend und damals unheilbar, tödlich. Das Gesetz schützt die Gesunden vor der Ansteckung und damit vor dem Tod. Dieses Gesetz gegen Aussatz ist kasuistisches Recht. Ein Fall, lateinisch casus, wird geschildert: Hautausschlag, Aussatz. Dann wird festgelegt, was zu tun ist: Der Kranke wird isoliert. Neben diesem kasuistischen Recht gibt es in der Bibel auch das apodiktische Recht: Kurze, prägnante Sätze, ganz allgemein gehalten. Wir kennen sie: Du sollst nicht töten. Du sollst nicht die Ehe brechen. Du sollst nicht stehlen .Du sollst nicht falsch aussagen gegen deinen Nächsten. Zehn Gebote. Wie steht Jesus zum Gesetz und zu den Geboten? Er denkt sie zu Ende, konsequent. Nicht töten? Das bedeutet zuerst: Du sollst nicht zornig sein auf deinen Bruder. Du sollst ihn nicht beleidigen. Wer den anderen beschimpft und beleidigt, der verletzt seine Seele. Das ist tödlich für das Zusammenleben. Also, versöhne dich mit deinem Bruder! Heute erzählt das Evangelium: Ein Aussätziger kommt auf Jesus zu, bittet ihn um Hilfe. Jesus hat Mitleid mit ihm, streckt seine Hand aus, berührt ihn. Ganz schön mutig: einen Aussätzigen berühren. Das ist lebensgefährlich. Nicht für Jesus. Er heilt den Aussätzigen. Einen Leprakranken heilen, das ist, wie wenn man einen Toten zum Leben erweckt. Jesus heilt Kranke, auch am Sabbat. Kranke heilen, das ist Arbeit. Arbeiten, das ist am Sabbat verboten. Trotzdem heilt Jesus am Sabbat Kranke. Er sagt: Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat. Das Gesetz ist für den Menschen da. Es dient seinem Wohl, nicht umgekehrt. Wir wollen die Bibel verstehen. Wir fragen: In welcher Form ist unser Bibeltext geschrieben. In der Bibel finden wir Gesetze, Rechtssammlungen. Sie sind notwendig, damit Menschen gut leben können, miteinander, und damit keiner herausfällt aus seiner fliegenden Badewanne.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner