am 16. September 2018
Predigt beim ökumenischen Gottesdienst
Evangelium Jak 2,14-18
Seit einigen Monaten gibt es einen Film über Papst Franziskus. Gedreht hat diesen Film Wim Wenders im Auftrag des Vatikans. Das ist das Problem an diesem Film, sagen manche. Es ist eine Auftragsarbeit. Die Kritik am Papst und an der Kirche, sie kommt in diesem Film zu kurz. Ich finde: Der Film ist trotzdem gelungen. Worum geht es? Es geht nicht um die Lebensgeschichte des Papstes, seine Familie, seine Kindheit und Jugendzeit. Ob er wohl eine Freundin gehabt als junger Mann? Nein, darum geht es nicht. Es geht vielmehr um die Botschaft. Es geht um seinen Auftrag. Er trägt das Evangelium in die Welt, die frohe Botschaft. Sie lautet: Gott liebt diese Welt, diese Welt, in der so vieles im Argen liegt. Gott ist bei den Menschen, die an den Rand gedrängt sind, Not leiden.
Der Film zeigt das in den Worten, die Franziskus spricht, und noch mehr in starken Bildern: Menschen in Elendsvierteln. Menschen auf einer riesigen Müllhalde. Sie suchen nach Wertstoffen. Umweltzerstörung. Flüchtlinge auf einem Boot auf dem Mittelmeer. Das Boot kentert. Menschen stürzen ins Wasser. Tote Menschen am Ufer, ertrunken. Bekannte Bilder: Der Papst auf der Insel Lesbos. Er besucht die Flüchtlinge. Der Papst in einem Gefängnis. Er wäscht den Gefangenen die Füße, im Abendmahlsgottesdienst am Gründonnerstag. Ein Bild fand ich genial: Der Papst auf Staatsbesuch in den USA. In einer Autokolonne fährt er durch die Hauptstadt Washington. Riesige schwarze gepanzerte Limousinen und SUVs. Dazwischen der Papst in einem winzigen Kleinwagen, einem Fiat 500. Wie eine kleine Maus in einer Herde von Elefanten. Franziskus braucht keine Statussymbole. Er ist bei den kleinen Leuten. Bemerkenswert ist auch der Markenname des Autos: Fiat. „Fiat mihi secundum verbum tuum.“ Das ist lateinisch und heißt übersetzt: „Mir geschehe nach deinem Wort.“ Das sagt Maria zu dem Erzengel Gabriel. Der Engel verkündet Maria, was Gott mit ihr vorhat. Sie soll Jesus zur Welt bringen, Jesus, den Sohn Gottes, das Wort Gottes. Maria sagt dazu ja. „Fiat - mihi secundum verbum tuum.“ „Mir geschehe - nach deinem Wort“. Jesus, das Wort Gottes, zur Welt bringen, in eine Welt, die dieses Wort braucht, weil in ihr so vieles im Argen liegt, das ist der Auftrag von Gott an Maria. Das ist der Auftrag an Papst Franziskus. Das ist der Auftrag Gottes an alle Christen, auch an uns. Jesus, das Wort Gottes zur Welt bringen. Wie geht das? Drei Schritte können wir gehen. Sie lauten: Leben – Deuten – Feiern. Ein Beispiel: Eine ältere Dame kümmert sich um Familien in Not. Sie kümmert sich um Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind. Sie tut es ehrenamtlich, ohne Lohn, gratis, aber ganz sicher nicht umsonst. Im Sinne von vergeblich. Gutes tun, als Christ leben, das ist der erste Schritt. Nun kommt die Enkelin und fragt: „Oma, warum machst du das? Du könntest doch auch spazieren gehen oder dich gemütlich ins Eiscafé setzen“ Die Großmutter antwortet: „Ich habe in meinem Leben vom lieben Gott schon so viel Schönes geschenkt bekommen: Meine Familie. Ich bin gesund. Ich bin so froh und dankbar. Etwas von meiner Freude möchte ich an andere weiter schenken, an Menschen, die Hilfe brauchen. Deshalb kümmere ich mich um Familien in Not. Das ist der zweite Schritt: Über das Leben sprechen, erzählen. Das Leben im Licht des Glaubens deuten. Zugegeben, das ist nicht einfach. Wir sind es nicht gewohnt, über unseren Glauben zu sprechen. Es passt auch nicht immer. Aber, wenn die Enkelin so nett fragt, da kann man sich doch einen Ruck geben. Nur Mut, es geht. Erzählen, das Leben im Glauben deuten. Es bleibt der dritte Schritt: Das Feiern. Wir tun nicht nur Gutes. Wir sprechen nicht nur über unser Leben und über unseren Glauben. Wir feiern unser Leben und unseren Glauben hier in der Kirche im Gottesdienst. Wir versammeln uns. Wir loben Gott. Wir danken ihm. Wir bitten ihn. Wir hören sein Wort. Er zeigt uns den Weg. Er stärkt uns, damit wir den Weg gehen können. Leben – Deuten – Feiern. Die beiden ersten Schritte sind in der heutigen Lesung genannt, im Jakobusbrief. Da geht es um den Zusammenhang von Glauben und guten Werken. Da heißt es: „Ich zeige dir meinen Glauben aufgrund der Werke.“ Wer fest im Glauben an Gott verwurzelt ist, der tut Gutes, dem Bruder oder der Schwester, die ohne Kleidung sind und ohne das tägliche Brot. Echter Glaube bringt gute Werke hervor. Umgekehrt gilt: Von den guten Werken können wir auf den Glauben schließen, auf den Glauben zu sprechen kommen. „Ich zeige dir meinen Glauben aufgrund der Werke.“ Echter Glaube bringt gute Werke hervor. Und wie ist das mit der Rechtfertigung? Können wir uns den Himmel verdienen durch die guten Werke, die wir tun? Nein, sagt der Apostel Paulus, das können wir nicht und das brauchen wir auch nicht. Denn Jesus hat ja schon alles getan für uns. An ihn glauben wir. Allein dieser Glaube bringt uns die ewige Seligkeit, der Glaube an Jesus Christus. Doch dieser Glaube zeigt sich in guten Werken. „Ein guter Baum bringt gute Früchte hervor.“ „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.“ Sagt Jesus. Leben – Deuten – Feiern. Drei Schritte, um das Evangelium unter die Leute zu bringen. In dieser Reihenfolge. Nicht mit dem Gottesdienst anfangen oder mit der Predigt, das funktioniert nicht. Mit dem Tun beginnen. Das war schon ganz am Anfang so bei den ersten Christen. In wenigen Jahrzehnten breitete sich das Christentum in der ganzen Welt aus. Nicht weil die Christen so gescheit waren oder so überzeugende Redner. Nicht weil die Christen Macht oder Geld hatten. Nicht weil die Christen so schöne Gottesdienste gefeiert haben mit flotter Musik und La-Ola-Welle. Die Heiden nahmen das Evangelium an, weil die Christen Gutes taten, gute Werke. Christen halfen den Menschen in Not, den Armen, den Kranken. Nicht nur den eigenen Leuten, sondern auch den Fremden. Das überzeugte. Leben – Deuten – Feiern. Drei Schritte, um das Evangelium zur Welt zu bringen. Ein Erfolgsrezept. Damals und heute wirksam. Wir sollten es probieren.
Pfr. Dr. Bernhard Lackner