Fest Christi Himmelfahrt
Evangelium:
„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein.“
Singt der Liedermacher Reinhard Mey. Er weiß, wovon er redet. Er ist selbst ein begeisterter Sportflieger. Über den Wolken grenzenlose Freiheit? Wir erinnern uns. Vor ein paar Jahren. In Island war ein Vulkan ausgebrochen. Von diesem Vulkanausbruch liefern uns die Medien fantastische Fotos. Vor allem von der Aschewolke. Grau und weiß ragt sie in den Himmel. Viele Kilometer hoch. Weniger schön sind die Folgen für den Luftverkehr. Ascheteilchen geraten in die Düsen von Flugzeugen. Die Asche schmilzt. Die Triebwerke fangen Feuer. Fallen aus. Der Flug ist zu Ende. Abrupt. Vor einem Jahr wurde deshalb der gesamte Luftverkehr in Europa eingestellt. Tausende von Reisenden saßen am Boden fest. Am Münchner Flughafen wurden für einen Mietwagen 500 € geboten. Pro Tag. Grenzenlose Freiheit? Kurz bevor auch der Flughafen München als letzter geschlossen wurde, konnten noch zwei Flugzeuge starten. Ich hatte das Glück, in einem von den beiden zu sitzen. Wolken. Wenn sie aus Asche bestehen, sind sie lästig - und gefährlich. Zum Glück enthalten sie aber zumeist nur Wasser. Regenwolken. Gewitterwolken. Sie versprechen Niederschläge. Nach langer Trockenzeit für die Natur eine Erlösung. Schönwetterwolken. Sie garantieren gutes Ausflugswetter und schöne Fotos. Ganz sicher. Wolken. Sie spielen auch in der Bibel eine Rolle. Im Alten Testament. Gott, der Herr, führt sein Volk aus Ägypten heraus. Er befreit Israel aus der Sklaverei. Er zieht vor den Israeliten her in einer Wolkensäule. Der Pharao und seine Soldaten nehmen die Verfolgung auf. Da stellt sich die Wolkensäule zwischen Verfolger und Verfolgte. Rettung für die Flüchtenden. Freiheit. Am Berg Sinai gibt Gott dem Volk die Gebote. In einer dichten Wolke kommt er zu Mose und spricht mit ihm. Das Neue Testament erzählt die Geschichte von der Verklärung. Jesus steigt auf einen Berg. Er erscheint seinen Jüngern in strahlendem Licht. Eine leuchtende Wolke wirft ihren Schatten auf sie. Gott spricht aus der Wolke: „Das ist mein geliebter Sohn … auf ihn sollt ihr hören.“ Die Wolke. Sie ist das Zeichen für die Gegenwart Gottes. Wo die Wolke ist, da ist Gott. Nach seiner Auferstehung redet Jesus mit seinen Jüngern. Vor ihren Augen wird er emporgehoben. „Eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken.“ So erzählt der Evangelist Lukas in der Apostelgeschichte. Das ist die Erfahrung der Jünger. Wochen nach Ostern. Sie können Jesus nicht mehr sehen. Sie können nicht mehr unmittelbar mit ihm sprechen. Er ist heimgekehrt zu seinem Vater im Himmel. Trotzdem bleibt er den Jüngern nahe. Er sendet ihnen seinen Geist. Seine Kraft. Seinen Mut. Seine Weisheit. Seine Hoffnung. Seinen Glauben. Sein Vertrauen. Die Wolke. Zeichen für die Gegenwart Gottes. Wo die Wolke ist, da ist Gott. Daran dürfen wir denken, wenn wir in diesen schönen Frühsommertagen draußen sind. In der Natur. Wenn wir zum Himmel aufschauen und die Wolken sehen. Schönwetterwolken. Regenwolken. Ein Segen für die Natur. Wo die Wolke ist, da ist Gott. Daran dürfen wir denken, wenn wir zweifeln in schwierigen Lebenslagen. Wenn wir im Regen stehen. Wo ist denn Gott? Gibt es ihn überhaupt? Und das mit Jesus? Seine Worte. Seine Taten. Seine Auferstehung? Können wir uns darauf verlassen? Können wir darauf vertrauen, dass er uns frei macht? Frei von Ängsten. Von Sorgen. Von dem Gefühl, ohnmächtig zu sein? Können wir an ihn glauben? Wir können Jesus nicht sehen. Wir können Gott nicht sehen. Nicht unmittelbar. Nicht direkt. Sehen können wir: die Wolke. Zeichen seiner Nähe. Wo die Wolke ist, da ist Gott. Und: Wo die Wolken sind, da ist Freiheit. Grenzenlose Freiheit. Da hat Reinhard Mey Recht.
Pfarrer Dr. Bernhard Lackner