Am 27. März 2022

TEXT: NATIONALHYMNE DER UKRAINE

ukraine sw

Über dem Altar in der Kirche in Böfingen hängt ein Bild, ein Fastenhungertuch. Fotos davon liegen in der Kirche aus. Unsere Kirchengemeinderätin Karin-Maria Breidbach hat das Bild gemalt. Es zeigt das Volk Israel. Das Volk zieht durch die Wüste. Wüste bedeutet: Hitze am Tag, Kälte in der Nacht, kein Wasser, nichts zu essen, kein Grün, nur Sand und Felsen. Es ist ein beschwerlicher Weg. Das Volk leidet.

Doch auf diesem schweren Weg gibt es auch Zeichen der Hoffnung. Ein kleiner Junge links unten im Bild hat eine Flöte in der Hand. Er sagt uns: Auch in der Wüste, in all der Entbehrung, gibt es die Musik. Wo sie erklingt, da wächst die Hoffnung, Trost, neue Kraft, Freude. Musik ist die Sprache, die alle Menschen verstehen. Musik verbindet die Menschen. Sie stiftet Gemeinschaft. Musik erklingt überall in unserer Welt, in Konzerten, im Fernsehen, im Supermarkt, im Autoradio und auch in der Kirche. Hier wird gesungen und musiziert. Warum eigentlich? Im Jugendkatechismus YouCat lesen wir unter Nr. 183: „Warum wird in Gottesdiensten musiziert, und wie muss die Musik beschaffen sein, dass sie zur Liturgie passt? Wo Worte nicht genügen, um Gott zu loben, kommt uns die Musik zu Hilfe. Wenn wir uns an Gott wenden, dann bleibt immer ein Rest an Unsagbarem und Ungesagtem. Dann kann die Musik für uns einspringen. Im Jubel wird die Sprache zum Gesang – deshalb singen die Engel. Musik im Gottesdienst muss das Beten schöner und inniger machen, die Herzen aller Anwesenden tiefer erfassen und zu Gott hinbewegen und ein Fest der Töne für Gott bereiten.“ Sagt der Jugendkatechismus. Wenn wir uns an Gott wenden, dann bleibt immer ein Rest an Unsagbarem und Ungesagtem. Das gilt in den guten Zeiten, wenn wir uns freuen, wenn wir dankbar sind für das, was uns geschenkt ist. Es ist Frühling. Die Sonne scheint. Wir sind guter Laune. Dann kann die Musik für uns einspringen. Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. Wenn wir uns an Gott wenden, dann bleibt immer ein Rest an Unsagbarem und Ungesagtem. Das gilt auch in den schlechten Zeiten, wenn der Weg durch die Wüste führt, wenn uns Lebensnotwendiges fehlt, wenn wir in Sorge sind, in Trauer, in Angst. Auch dann kann die Musik für uns einspringen. Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir. Auf einem zentralen Platz in Lemberg in der Westukraine singen Opernsängerinnen und -sänger die ukrainische Nationalhymne. Der Text lautet: „Noch ist die Ukraine nicht gestorben.“ In Berlin geben Popmusiker vor dem Brandenburger Tor ein Konzert für den Frieden. Musik begleitet uns auf unserem Weg. Sie bringt das Unsagbare und das Ungesagte zum Klingen. Sie stiftet Hoffnung und Trost, neue Kraft und Freude. Sie führt die Menschen zusammen. Sie stiftet Gemeinschaft. Sie erklingt in der Wüste und im Gelobten Land. Musik im Gottesdienst muss das Beten schöner und inniger machen, die Herzen aller Anwesenden tiefer erfassen und zu Gott hinbewegen und ein Fest der Töne für Gott bereiten. Das sagt uns der kleine Junge auf unserem Fastenhungertuch, der Junge mit der Flöte.

Pfarrer Dr. Bernhard Lackner