Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1965 lehrt die Kirche: Frauen und Männer sind gleichberechtigt, Partner auf Augenhöhe. Ziel der Ehe ist das Wohl der Ehepartner, dass sie Freude am Leben haben, gemeinsam, und dass sie Kindern das Leben schenken. 1968 verbietet Papst Paul VI. die Empfängnisregelung mit künstlichen Mitteln. Anschließend erklären die deutschen Bischöfe: Katholiken sollen sich in Fragen der Moral an der Lehre der Kirche orientieren. Wenn sie aber in ihrem Gewissen sorgfältig abgewogen anders entscheiden als die Kirche, ist das in Ordnung. Theologen sagen: In der Moral gibt es keine Lehre der Kirche, die als unfehlbar anzusehen ist. Letztlich entscheidet der Einzelne in seinem Gewissen. Die Lehre der Kirche in ethischen Fragen entwickelt sich weiter. Dürfen zwei Menschen, die einander lieben, gesegnet werden, auch wenn sie beide das gleiche Geschlecht haben? Bischöfe, Seelsorger und Gläubige sagen: Ja. Die Kirche bewegt sich in die richtige Richtung. Katholiken nehmen die Lehre der Kirche ernst. Die Entscheidung freilich treffen sie nach ihrem Gewissen. Das sagt Kardinal John Henry Newman, Theologe in England im 19. Jahrhundert. 23 Jahre forschte und lehrte er an der Universität Oxford. Mit 44 Jahren trat er aus der anglikanischen Kirche aus und in die katholische Kirche ein. 1870 erklärte das Erste Vatikanische Konzil: Der Papst ist unfehlbar. Der britische Premierminister William Gladstone reagierte. Er sagte: Englische Katholiken müssen dem Papst absoluten Gehorsam leisten. Also sind sie keine treuen Untertanen unserer Königin Viktoria mehr. Newman konterte in einem offenen Brief: Absoluten Gehorsam leisten wir weder dem Papst noch der Königin, sondern allein Gott. Er spricht zu uns in unserem Gewissen. Newman meint: Wenn ich nach dem Abendessen einen Toast ausbringen müsste auf die Religion, würde ich auf den Papst trinken, doch zuerst auf das Gewissen. To conscience first. Folgt daraus, dass Pfarrer in ihrem Gewissen selbst entscheiden dürfen, ob sie heiraten oder lieber unverheiratet bleiben? Davon wird in der nächsten Predigt die Rede sein.

Pfarrer Dr. Bernhard Lackner