Da war vielleicht was los! Ein tolles Bild für den Frühling, für das Leben. Frühling, was ist das? Ich könnte im Lexikon nachschlagen. Ich könnte versuchen, es zu erklären, mit vielen Worten. Besser und einfacher ist es, ein Bild anzuschauen: fünf Amseln im Garten. Die Bilder. Platon, der Philosoph, sagt: Alles, was wir hier sehen in unserer Welt, ist ein Bild, ein Bild für eine andere Wirklichkeit. Unsere irdische Welt ist unvollkommen, endlich. Sie ist ein Abbild. Es weist uns hin auf das Urbild. Die Urbilder, die Ideen, sie sind vollkommen. Sie sind ewig. Sie existieren in einer anderen Wirklichkeit, auf einer anderen Ebene des Seins. Das Gute, das Schöne, die Gerechtigkeit, die Liebe, in unserer irdischen Welt gibt es sie nur unvollkommen. Sie sind Abbilder von Urbildern. Die Urbilder, die Ideen, sie sind vollkommen und ewig. Wir werden „nach dem Bild des Himmlischen gestaltet werden“. Das schreibt Paulus. Auf der ersten Seite der Bibel lesen wir: Gott hat uns Menschen nach seinem Bild geschaffen. Wir sind sein Ebenbild, sein Abbild. Das wird nur vom Menschen gesagt, von keinem anderen Geschöpf. Jeder Mensch ist Ebenbild Gottes. Das hat Folgen. Jeder Mensch hat eine Würde, die nicht angetastet werden darf. Jeder Mensch hat Grundrechte, Menschenrechte. Sie dürfen ihm nicht genommen werden: das Recht auf Leben, auf Freiheit, auf Nahrung, Kleidung, Wohnung, Bildung, Gesundheitsfürsorge, Arbeit. Jesus Christus ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes. Das steht im Kolosserbrief. Geschrieben wurde dieser Brief vermutlich nicht vom Apostel Paulus, sondern von einem seiner Schüler. Jesus Christus ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes. Wer ist Gott und wie ist er? Das wollen wir wissen. Aber, er ist unsichtbar. Was also tun? Wir schauen auf Jesus Christus. Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes. Wir werden „nach dem Bild des Himmlischen gestaltet werden“. Wir feiern Gottesdienst hier in der Kirche. Was wir hier tun, ist ein Abbild dessen, was im Himmel geschieht. Wir sind das Abbild. Im Himmel ist das Urbild. Wenn wir Gottesdienst feiern, dann kommt ein Stück Himmel auf unsere Erde herab. Da berühren sich Himmel und Erde. Besonders deutlich wird das in den Gottesdiensten der orthodoxen Kirche. Da werden ja die Ikonen verehrt. Die Ikonen, Bilder von Jesus Christus, von Maria, von den Heiligen, sie sind Abbilder der Urbilder. In den Ikonen öffnet sich gleichsam ein Fenster zum Himmel. Deshalb gibt es in jeder orthodoxen Kirche eine Ikonenwand: die Ikonostase. Sie steht zwischen dem Kirchenschiff und dem Altarraum. Die Ikonostase soll nicht die einfachen Gläubigen ausschließen vom Altarraum, vom Raum, in dem das Heilige wohnt. Nein, die Ikonostase sagt vielmehr: Gott ist ein Geheimnis, nicht leicht zu erkennen in unserer Welt, verborgen. Wenn wir aber Gottesdienst feiern, dann öffnet sich ein Fenster, eine Tür in den Himmel, zum Heiligen, zu Gott. Wir werden „nach dem Bild des Himmlischen gestaltet werden“. Das gilt auch ganz am Ende, am Ende des Lebens, am Ende der Welt. Da hört alles Unvollkommene auf. Da dürfen wir nicht nur hineinschauen wie durch ein Fenster. Da dürfen wir eintreten. Die Tür, sie steht offen.

Pfr. Dr. Bernhard Lackner